BVerwG stärkt mit Entscheidung zur Tübinger Verpackungssteuer kommunale Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Entscheidung vom 24.05.2023 die kommunale Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit gestärkt, indem es die sog. Tübinger Verpackungssteuer für im Wesentlichen rechtmäßig erklärt hat (BVerwG 9 CN 1.22).
Die Stadt Tübingen hatte zum Januar 2022 eine Steuer auf Einwegverpackungen erhoben, um der Verunreinigung des Stadtbilds entgegenzuwirken, Mehrwegsysteme zu stärken und Haushaltseinnahmen zu erzielen. Gemäß Satzung werden Einwegverpackungen, -geschirr und –besteck besteuert, „sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden“. Auf entsprechenden Antrag hatte ein klagendes Schnellrestaurant aus dem Stadtgebiet zunächst Erfolg vor dem VGH Baden-Württemberg.
Die beklagte Stadt Tübingen hat nunmehr für viele überraschend vor dem BVerwG obsiegt Das BVerwG ordnet die Verpackungssteuer als eine zulässige örtliche Verbrauchsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG ein. Der örtliche Charakter der Steuer werde im konkreten Fall hinreichend gewahrt und diese Lenkungssteuer stehe auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Auf lokaler Ebene werde dasselbe Ziel verfolgt wie durch den Bund und EU die als Gesetzgeber. Lediglich zwei Regelungsaspekte der angefochtenen Satzung waren aus Sicht des Gerichts zu beanstanden, die jedoch die Rechtmäßigkeit der Satzung im Übrigen unberührt lassen.
[GGSC] begrüßt die Entscheidung des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts. Es stärkt die kommunale Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit in ihrem Bemühen um die Vermeidung und Beseitigung von Littering-Abfällen auf öffentlichen Flächen und unterstützt die Kommunen auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Kreislaufwirtschaft. Örtliche Unternehmen werden durch eine Verpackungssteuer angehalten, Abfälle zu reduzieren bzw. zu vermeiden, indem sie insbesondere Mehrweg- bzw. Rücknahmemodelle für Verpackungen anbieten. Der Anreiz korreliert mit kommunale Zusatzeinnahmen durch die lokale Steuer.
Mit der Entscheidung werden die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten noch einmal erweitert, die erst durch das Einwegkunststofffondsgesetz, das am 16.05.2023 in Kraft getreten ist (BGBl. 2023 I Nr. 124), gestärkt worden sind. Hierdurch war die Produktverantwortung der Hersteller von Einwegkunststoffprodukten geregelt worden. Über einen vom Umweltbundesamt verwalteten Einwegkunststofffonds erhalten anspruchsberechtigte Kommunen Auszahlungen hieraus.
Im Weiteren bleibt abzuwarten, ob es nach Vorliegen der ausstehenden Urteilsgründe noch zu einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht kommt. Nach Ausschöpfung des Rechtswegs steht es dem unterlegenen Unternehmen grundsätzlich offen, auch diesen Schritt zu gehen. Das BVerfG war in der Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts auch ausdrücklich in Bezug genommen worden, da es bereits 1998 zur Kasseler Verpackungssteuer entschieden und diese für rechtswidrig erklärt hatte (BVerfGE 98, 106).
[GGSC] berät und vertritt bundesweit Kommunen und kommunale Unternehmen in allen Fragen der Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit. [GGSC] wird auf die Folgen der Leipziger Entscheidung auch im Rahmen ihres Informationsseminars am 22./23.06.2023 in Berlin sowie von zwei Seminaren zum Verpackungsrecht und zum Einwegkunststofffondsgesetz im September 2023 sowie im nächsten Abfall Newsletter näher eingehen.