[GGSC]-Gutachten: Kommissionsvorschlag zur Gentechnik verletzt EU-Verträge

09.10.2023

Die EU-Kommission hat im Juli 2023 eine Verordnung über mit neuen genomischen Techniken (NGT) erzeugte Pflanzen und deren Erzeugnisse vorgeschlagen. Sie soll eine mit dem bestehenden Gentechnikrecht kohärente Regelung treffen, nach der NGT-Erzeugnisse, deren DNA nur in einem beschränkten, mit herkömmlichen Vermehrungsverfahren vergleichbaren Umfang verändert wurde (NGT der Kategorie 1), ohne vorherige Risikoprüfung und Zulassung und ohne Kennzeichnung in den Verkehr gebracht werden sollen.

In einem Rechtsgutachten für die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 14.09.2023 hat [GGSC]-Rechtsanwalt Dr. Georg Buchholz aufgezeigt, dass die Verordnung, wenn sie das EU-Parlament und der EU-Rat so beschließen würden, gegen das in den EU-Verträgen verankerte Vorsorgeprinzip verstoßen würde. Dieses lässt dem EU-Gesetzgeber zwar einen weiten Ermessensspielraum. Nach dem Kommissionsvorschlag sollen jedoch NGT-Erzeugnisse der Kategorie 1 vollständig von der Risikoprüfung ausgenommen werden, obwohl ihre Risiken nicht per se geringer sind als die Risiken sonstiger GVO. Sie weisen auch nicht per se einen höheren Nutzen auf. Ihre Herausnahme aus dem Gentechnikrecht ist also nicht durch sachliche, wissenschaftlich begründete Unterschiede zu sonstigen GVO begründet.

Die Begründung der Kommission, wonach NGT-Pflanzen mit herkömmlich erzeugten Pflanzen vergleichbar seien, kann eine Privilegierung nicht rechtfertigen. Denn GVO werden nicht deshalb einer Risikoprüfung vor ihrem Inverkehrbringen unterzogen, weil sie per se riskanter wären als herkömmliche Organismen, sondern weil deren genetische Veränderung wegen der Veränderung von Inhaltsstoffen vermeintlich bekannter Organismen zu Gesundheitsrisiken für Mensch und Tier und - ähnlich wie bei herkömmlichen invasiven Arten - zu massiven Veränderungen des Ökosystems führen kann. Da zudem in Zukunft wohl die meisten neuen Gentechnikprodukte als NGT-Erzeugnisse der Kategorie 1 eingestuft würden, käme der Erlass dieser Verordnung faktisch der Abschaffung des Gentechnikrechts gleich.

Das Rechtsgutachten ist veröffentlicht auf der Internetseite der Bundestagsfraktion unter https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressestatements/karl-baer-und-harald-ebner-zur-veroeffentlichung-eines-rechtsgutachtens-zum-vorschlag-der-eu-kommission-zur-deregulierung-neuer-gentechnikverfahren.