Architektenurheberrecht: Eigentümerinteressen überwiegen nur, wenn sie hinreichend konkretisiert sind
- Privates Baurecht
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Das OLG Celle hat entschieden, dass die Stadt Hannover einen Brunnen als Teil einer urheberrechtlich geschützten Freianlage nicht abreißen darf. Zwar überwiegen bei der Abwägung zwischen dem Erhaltungs- und dem Nutzungsinteresse, regelmäßig die Eigentümerinteressen.
Dieses Interesse muss jedoch auch hinreichend durch eine Planung konkretisiert sein (Urteil vom 27.02.2024 – 13 U 57/23).
Der Fall
Die Erben des im Jahr 2022 verstorbenen Landschaftsarchitekten Prof. Gustav Lange wehrten sich vor dem Landgericht Hannover und in zweiter Instanz vor dem OLG Celle gegen die Entfernung eines ca. 40 m großen Brunnens auf dem Andreas-Hermes-Platz in Hannover. Die Planung des Platzes und insbesondere des Brunnens ca. stammt von Prof. Gustav Lange aus dem Jahr 1992 und ist mehrfach national prämiert worden.
Der Platz ist im Zuge mehrerer Neubauten am Rande der Freifläche umgestaltet worden. Dabei sind auch von Gustav Lange gestaltete Elemente entfallen. Der Brunnen ist seit längerer Zeit ungenutzt und wird auch nicht mehr mit Wasser befüllt.
Die Stadt Hannover beschloss im Sommer 2023 den Abriss des Brunnens sowie in die Planung für eine Zwischennutzung einzusteigen. In der Beschlussvorlage wird ausgeführt, die Stadtverwaltung werde im Jahr 2024 mit der Planung für ein neues, dauerhaftes Gestaltungs- und Nutzungskonzept des Platzes beginnen.
Die Entscheidung
Das Oberlandesgericht Celle verurteilt die Stadt Hannover zur Unterlassung. Der Abriss eines Baukunstwerkes ist nach jüngerer Rechtsprechung des BGH die stärkste Form einer Entstellung. Das gilt insbesondere, weil Beobachter den Platz trotz der schon vorhandenen Umgestaltung mit der Person Gustav-Langes verbinden. Teilabrisse wiegen dabei besonders schwer. Da hier regelmäßig die beiden grundgesetzlich geschützten Interessen des Urhebers am Erhalt des Kunstwerkes und das Eigentumsgrundrecht kollidieren, ist eine umfassende Interessensabwägung vorzunehmen.
Bei Werken der angewandten Baukunst, wie bei (Landschafts-) Architektur, überwiegen in der Regel die Nutzerinteressen. Zudem ist die kommunale Planungshoheit im Grundgesetz geschützt. Dafür müssen diese Nutzerinteressen jedoch hinreichend konkretisiert sein, so das OLG. Daran fehlte es. Die Stadt konnte nicht belegen, warum der Brunnen für die geplante Zwischennutzung entfernt werden musste und die von ihr behaupteten Sanierungs- und Erhaltungskosten für eine Revitalisierung des Platzes mangels Kostenschätzung nicht belegen. Es lag eine reine Negativplanung vor.
Praxisrelevanz
Das Gericht befasst sich ausdrücklich auch mit den von den Erben vorgebrachten Planungsalternativen unter Erhalt des Brunnens. Die Entscheidung zeigt, dass es sich lohnt, für den Erhalt von Baukunst durch Aufzeigen von Planungsalternativen konstruktiv zu streiten. Aus Sicht von (öffentlichen) Auftraggebern gilt: Das Interesse an einer sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel ist ein zu gewichtiger Umstand bei der Interessensabwägung. Diese Kosten müssen dann aber hinreichend genau belegt werden.