Ersparte Aufwendungen und Füllaufträge beim Architektenvertrag
- Privates Baurecht
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Kündigt ein Auftraggeber einen Planungsvertrag ohne wichtigen Grund, behält der Planer seinen vollen Honoraranspruch, von dem er sich aber ersparte Kosten und Einnahmen durch Füllaufträge abziehen lassen muss. Trägt der Planer in einem Rechtsstreit zu diesen (möglichen) ersparten Aufwendungen und etwaigen Füllaufträgen nicht detailliert genug vor, bringt dies den Honoraranspruch für die nicht erbrachten Leistungen im Ganzen zu Fall (OLG Düsseldorf – 21 U 191/22).
Der Fall
Eine Herstellerin von Beschichtungssystemen (AG) beauftragt ein Ingenieurbüro (I) mit Leistungen der Planung und Bauüberwachung für ein Produktionsgebäude und industrietechnische Anlagen. Die gesamte Laufzeit des Projektes sollte 24 Monate betragen. Nach Erbringung geringfügiger Leistungen durch das I kündigt der AG nach drei Monaten den Planungsvertrag ohne wichtigen Grund. Das klagt daraufhin gegen den AG das Honorar sowohl für die erbrachten als auch die in Folge der Kündigung nicht erbrachten Leistungen ein.
Die Entscheidung
Das Gericht spricht dem Planungsbüro nur einen geringen Teil des Honorars für die nicht erbrachten Leistungen zu. Da es keinen wichtigen Kündigungsgrund gab, geht das Gericht von einer freien Kündigung aus. In der Folge hat der AG nach § 648 BGB dem Planungsbüro auch für die nicht mehr erbrachten Leistungen zu vergüten (sog. Kündigungsvergütung). Von diesem Honoraranspruch muss sich der AG allerdings ersparte Aufwendungen und aufgrund der Kündigung anderweitig erzielten Erwerb abziehen lassen. Genau hier lag das Problem der klagenden Auftragnehmerin: Da Auftraggeber keinen Einblick in die internen Geschäftsvorgänge von Auftragnehmern haben, können diese nicht wissen, welche Kosten in Folge der Kündigung erspart geblieben sind. Ebenso wenig können Auftraggeber wissen, ob und in welchem Umfang es Füllaufträge gab, welche die Auftragnehmerin durch die nach der Kündigung frei gewordenen Kapazitäten angenommen hat oder hätte annehmen können.
Zu allen diesen Punkten war der Vortrag des klagenden Planungsbüros zu dürftig: Es gab keine detaillierten Angaben dazu, wie der auf 24 Monate angelegte Projektverlauf ohne die Kündigung konkret ausgesehen hätte. Für die Leistungsphase 8 fehlten Angaben zu ersparten Fahrtkosten, ebenso zu möglichen ersparten Personalkosten sowie zu Kosten für die Beauftragung einer Subplanerin, die möglicherweise aufgrund der Kündigung entfielen. Auch zu Füllaufträgen beschränkte sich das Ingenieurbüro auf die Aussage, dass es zwar weitere Aufträge gab, sie diese aber auch ohne die Kündigung habe annehmen können. Die Akquise weiterer Aufträge sei erfolglos geblieben. Alle diese Darlegungen waren viel zu pauschal, weshalb das Gericht den Anspruch für die Kündigungsvergütung ganz überwiegend verneinte.
Folgerungen für die Praxis
Bei freien Kündigungen durch den Auftraggeber sollten Architekten und Ingenieure intern detailliert dokumentieren, welche ersparten (externen) Aufwendungen, Personalkosten und Füllaufträge es gab. Diese interne Dokumentation sollte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung erfolgen. Zahlt der Auftraggeber insbesondere die Kündigungsvergütung nicht und wird deshalb ein Rechtsstreit nötig, gehören Angaben dazu zum notwendigen Vortrag, um die Kündigungsvergütung erfolgreich einklagen zu können. Der Auftraggeber muss in die Lage versetzt werden, die Plausibilität der Angaben zu bewerten und ggf. Einwendungen dagegen zu erheben. Bleiben die Informationen des Auftragnehmers zu (nicht) ersparten Aufwendungen und (nicht) vorhandenen Füllaufträgen zu allgemein, droht die Abweisung der Honorarklage.