OVG Berlin-Brandenburg schärft Innenentwicklungsbebauungsplan
Angesichts immer anspruchsvollerer gesetzlicher Vorgaben für die Bauleitplanung ist es für Gemeinden attraktiv, von dem durch § 13a BauGB eröffneten Instrumentarium eines Bebauungsplans der Innenentwicklung Gebrauch zu machen.
Die (manchmal nur vermeintlichen) Vorteile liegen auf der Hand: das Verfahren ist straffer, auf einzelne Beteiligungsschritte kann verzichtet werden und — insbesondere — ist die Erstellung eines Umweltberichts nicht geboten. Ist der Geltungsbereich kleiner als 20.000 m², wird zudem die naturschutzrechtliche Eingriffs-Ausgleichs-Regel suspendiert.
Kommunale Tendenz zu gefährlicher Großzügigkeit
Vor dem Hintergrund dieser Erleichterungen besteht eine Tendenz bei den planenden Gemeinden, den Begriff der „Innenentwicklung“ im Sinne des § 13a BauGB sehr großzügig auszulegen und zur Anwendung zu bringen. Die relativ vage gesetzliche Definition — Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung“ — leistet dieser Tendenz Vorschub, zumal der Anwendungsbereich ausdrücklich nicht auf den bauplanungsrechtlichen Innenbereich — „im Zusammenhang bebauter Ortsteil“ — im Sinne des § 34 BauGB beschränkt ist.
Da werden auch schon mal isolierte Splittersiedlungen im Wald, diffuse/wilde Wochenendhaus-Ensembles oder auch so genannte „Außenbereichsinseln“ als ohne weiteres geeignete Gebiete für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung angesehen.
So sehr jedoch das Bedürfnis der Gemeinden nachvollziehbar ist, städtebaulichen Missständen (etwa einem gewachsenen Mix aus Wochenend- und Dauerwohnen) mit einfachen Mitteln planerisch zu begegnen, so sehr muss doch auch auf die Gefahr hingewiesen werden, dass derartige Pläne im Normenkontrollverfahren scheitern.
Grenzen der Innenentwicklung
So ist es jüngst in einem von [GGSC] auf Antragstellerseite vertretenen Normenkontrollverfahren geschehen. Das OVG Berlin-Brandenburg hat in seinem Urteil vom 21.09.2023 (OVG 10 A 14.19) die Gelegenheit ergriffen, dem Anwendungsbereich des § 13a BauGB über den konkreten Fall hinaus klarere Konturen zu verleihen. In der sehr lesenswerten, fast lehrbuchartigen Entscheidung referiert das OVG zunächst die Grundsatzentscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts aus den Jahren 2015 und 2023, um sodann in praktikabler Weise diejenigen Gebiete zu typisieren, die für eine Innenentwicklung im Sinne des § 13a BauGB geeignet sind. Dazu zählen neben den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB unter bestimmten Voraussetzungen auch gewisse „Randbreichsarrondierungen“ eines angrenzenden Siedlungsbereichs sowie im Einzelfall „von einem Siedlungsbereich umschlossene Außenbereichsinseln“.
Das OVG Berlin-Brandenburg betont, dass der Begriff der Innenentwicklung sehr restriktiv auszulegen sei und nur solche Fälle erfasse, in denen zusätzliche erhebliche
Umweltauswirkungen von vorneherein nicht zu erwarten sind. Insoweit bezieht sich das OVG auch ausdrücklich auf die (in diesem Newsletter besprochene) Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2023 (BverwG 4 CN 3.22), mit der § 13b BauGB (der Außenbereichs-B-Plan) für europarechtswidrig und daher unwirksam erklärt wurde.
Identifizierung geeigneter Gebiete
Im Zweifelsfall sollte die planende Gemeinde prüfen, ob der zu überplanende Bereich dergestalt Innenbereichsmerkmale aufweist, dass es tatsächlich gerechtfertigt erscheint, auf einen Umweltbericht und die naturschutzrechtliche Eingriffs-Ausgleichs-Konzeption zu verzichten, weil sich feststellen lässt, dass der Eingriff auch bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig war. Von der Pflicht zur Ermittlung, Gewichtung und Abwägung der Belange des Umweltschutzes ist die planende Gemeinde selbstverständlich auch im Rahmen des § 13a BauGB nicht entbunden.