Newsletter Energie Januar 2024

Überragendes öffentliches Interesse an erneuerbarer Wärme

Mit der Überarbeitung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und der Einführung des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) ist es nun bundesgesetzlich verankert, dass die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt.

Überragendes öffentliches Interesse an erneuerbarer Wärme in Gebäuden und Wärmenetzen

Wie bereits berichtet (Energie-Newsletter vom Oktober2023), sieht die nunmehr geltende geänderte Fassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) das überragende öffentliche Interesse an der Erzeugung erneuerbarer Wärme für Gebäude und dortige Heizungen vor. Nach dem expliziten Gesetzeswortlaut sollen die erneuerbaren Energien bis zur Erreichung der Treibhausgasneutralität des Gebäudebetriebes als vorrangige Belange in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.

Das nun ebenfalls verabschiedete und seit 01.01.2024 geltende Wärmeplanungsgesetz (WPG) sieht eine entsprechende Regelung für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, die in ein Wärmenetz gespeist wird, von erforderlichen Nebenanlagen sowie von Wärmenetzen vor. Bis die leitungsgebundene Wärmeversorgung im Bundesgebiet nahezu vollständig auf erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme beruht, längstens jedoch bis zum 31.12.2040, räumt der Gesetzgeber auch hier den erneuerbaren Energien einen Vorrang im Rahmen der durchzuführenden Schutzgüterabwägungen ein.

Mit diesen Regelungen soll das Interesse an der Nutzung erneuerbarer Energien im Rahmen von Abwägungsentscheidungen gegenüber seismologischen Stationen, Wasserschutzgebieten, dem Landschaftsbild, Denkmalschutz oder im Forst-, Immissionsschutz-, Naturschutz-, Bau- oder Straßenrecht grundsätzlich überwiegen. Diese Belange standen einer Entscheidung zugunsten der erneuerbaren Energien nicht selten entgegen. Nun sollen die Erneuerbaren Energien nur noch ausnahmsweise überwunden werden, wenn der ihnen gegenüberstehende Belang einen mit dem Umwelt- und Klimaschutz gemäß Art. 20a des Grundgesetzes vergleichbaren verfassungsrechtlichen Rang hat.

Praktische Bedeutung

Spannend bleibt es zu sehen, was diese Regelung zugunsten der erneuerbaren Wärmeerzeugung im Einzelnen bedeuten und bewirken wird.

Dabei lohnt ein Blick auf die jeweils als Vorbild dienende Parallelregelung im EEG 2023 zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Hier zeigen Gerichtsentscheidungen zur Zulassung von Windenergieanlagen nahe Denkmälern die Wirkung dieser Regelung:

So haben beispielsweise die Oberverwaltungsgerichte Münster, Greifswald und Berlin in Urteilen vom 31.10.2023, 07.02.2023 bzw. vom 27.07.2023 jeweils klargestellt, dass Windenergieanlagen in der Regel aufgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses auch nahe Denkmälern zugelassen werden müssen. Allerdings: Keine Regel ohne Ausnahme. Notwendig bleibt stets die Abwägung und Prüfung, ob unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände ein atypischer Ausnahmefall vorliegt, der fachlich anhand dieser besonderen Umstände der jeweiligen Situation zu begründen wäre. Das bedeutet: Sind bei dem konkreten Vorhaben besondere Umstände ersichtlich, können diese Umstände es rechtfertigen, auch weiterhin ein Vorhaben für Erneuerbare Energien nicht zuzulassen. Zu solchen denkmalschutzrechtlichen Umständen gehören beispielsweise die im Einzelfall zu bestimmende besondere Schutzwürdigkeit eines Denkmals oder durch das Vorhaben drohende, ggf. nicht reversible Beeinträchtigungen der Substanz des Denkmals.

Entsprechende Vorgaben für die Abwägung lassen sich beispielsweise auch den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Kassel und des OVG Berlin vom 10.02.2023 bzw. vom 14.06.2023 zu forstrechtlichen Abwägungsentscheidungen entnehmen.

Auch wenn das öffentliche Interesse an den Erneuerbaren überwiegt, muss daher der Vorhabenträger auch weiterhin die Denkmalschutzbelange berücksichtigen und prüfen, um rechtssicher zu planen.

Die Rechtsprechung bestätigt also die maßgebliche Wirkung des überragenden öffentlichen Interesses in Genehmigungsverfahren zugunsten der Erneuerbaren. Aber nicht immer. Auf den Einzelfall kommt es an. Und manchmal auch auf eine gute und nachvollziehbare Begründung.

Co-Autorin: Rechtsanwältin Tessa Krabbe

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