Härtefallentschädigung nach Netzumschaltung
In den vorangegangenen Newslettern haben wir mehrfach berichtet, dass Härtefallentschädigungen auf Grundlage des EEG trotz der Grundsatzentscheidungen des BGH (vgl. Urteile v. 11.02.2020 VIII ZR 27/19 und 26.01.2021 VIII ZR 17/19) immer noch streitanfällig sind. Zwar ist die Entschädigungspraxis bei vielen Netzbetreibergesellschaften – sieht man einmal von der zeitlich verzögerten Bearbeitung ab – rechtlich nicht zu beanstanden. Einige für ihre restriktive Rechtsauslegung bekannte Netzbetreibergesellschaften bilden hingegen immer neue Fallgruppen, die ihrer Auffassung nach nicht entschädigungspflichtig sind. Dabei profitieren sie in vielen Fällen von ihrem Wissensvorsprung über die netztechnischen Zusammenhänge, die zur Abschaltung führten oder auch an der Unlust von Betreibern, notwendige rechtliche Auseinandersetzungen zu führen.
Entschädigung bei Ausweichmöglichkeit in betroffenen Netzbereich
Umso erfreulicher ist, dass das Landgericht Frankfurt (Oder) in einem von [GGSC] geführten Rechtsstreit mit erfreulicher Klarheit festgestellt hat, dass nach den eingangs erwähnten Grundsatzurteilen Härtefallentschädigungen gem. EEG zu zahlen sind, wenn nach reparaturbedingter Umschaltung im betroffenen Netzbereich noch Spannung anliegt. In dem zu entscheidenden Fall hatte die Netzbetreiberin nach einer Havarie im Umspannwerk eine Reduzierung der Einspeiseleistung vorgenommen. Die zur Reparatur notwendige Umschaltung führte dazu, dass Strom aus der Anlage reduziert weiter eingespeist werden konnte, sodass im betroffenen Netzbereich also noch Spannung anlag.
Begründung führt zu weniger Einzelstreitigkeiten
Die Begründung der erstinstanzlichen Gerichtsentscheidung orientierte sich weitestgehend an der Gesetzesauslegung zum Härtefallparagraphen des OLG Naumburg in seiner Entscheidung vom 25.09.2020 (7 U 25/18). In dieser Entscheidung hatte das OLG bereits ausgeführt, dass alternative Einspeisewege im betroffenen Netzbereich, die dazu führen, dass von der einspeisenden oder auch benachbarter Anlagen noch Spannung anlag dazu führen, dass die Entschädigungspflicht ausgelöst wird. Der betroffene Netzbereich sei dabei weit zu verstehen. Das LG Frankfurt (Oder) hat die Auslegungsgrundsätze dieser OLG-Entscheidung auf den ihm konkret vorliegenden Umschaltungsfall übertragen.
Fazit
Wir halten diese Entscheidung auf Basis der BGH-Grundsatzurteile nicht nur für richtig, sondern im Hinblick auf eine wünschenswerte Rechtsbefriedung zu dieser Materie für wünschenswert. Eine andere Entscheidung hätte dazu geführt, dass im Prinzip jeder
Abschaltungsfall ggf. unter Hinzuziehung von technischem Sachverstand (Beweiserhebung!) neu zu bewerten gewesen wäre. Dies würde die Härtefallregelung ad absurdum führen. Die Netzbetreiberin hat jedoch Berufung eingelegt, sodass der Streit damit noch nicht beendet ist. Wir werden weiter dazu
berichten.