Newsletter Energie Oktober 2023

Updater Abschluss von Nutzungsverträgen für Windenergie- und Solaranlagen

Wie jüngst berichtet, kommt der rechtssicheren „Reservierung“ von Flächen für die Realisierung von PV- und Windenergieanlagen aufgrund der langen Planungs- und Genehmigungszeiträume eine hohe Bedeutung für die Projektentwicklung zu. Dies gilt vor allem für den Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung bis zum Baubeginn/der Inbetriebnahme der Anlagen. Hier hat die Rechtsprechung des OLG Hamm (Urteil vom 20.07.2020, 5 U 81/19) für erhebliche Verunsicherung gesorgt, weil das OLG für eine bestimmte Konstellation ein ordentliches Kündigungsrecht angenommen hatte (vgl. im Detail unser Beitrag vom Oktober 2021). Bis jetzt haben verschiedene Projektentwickler darauf so reagiert, die feste Vertragslaufzeit von 20 oder 25 Jahren bereits ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung laufen zu lassen. Angesichts der von Investoren erwarteten Laufzeit von meist mindestens 30 Jahren oder mehr ab Inbetriebnahme der Anlagen, ergeben sich dann erhebliche „Wertminderungen“ für ein Projekt. Es stellt sich die Frage, nach den möglichen Alternativen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt in der Praxis betrifft die Sicherung von Nutzungsrechte für Kabeltrassen und Zuwegungen. Der Abschluss und die dingliche Sicherung kostet oft erhebliche Zeit und Geld. Teilweise verweigern einzelnen Eigentümer den Abschluss von Verträgen, was zu entsprechenden Umplanungen von Trassen und damit wertvolle Zeit bis zum Baubeginn kosten kann. Der Gesetzgeber versucht
darauf, mit einem entsprechenden gesetzlichen Duldungsrecht des Eigentümers zu reagieren (§§ 11a und 11 b EEG-E 2023). Es stellen sich allerdings noch viele in der Praxis teilweise schwer zu klärende Fragen.

Aktuelle Herausforderungen bei der Flächensicherung

Ein aktuell häufiger überlegter oder sogar beschrittener Weg besteht darin, bis zum Vorliegen der Genehmigung nur einen Vorvertrag abzuschließen. Erfahrungsgemäß lassen sich in diese Vorverträge die wesentlichen später in einem Nutzungsvertrag zu regelnden Details bereits mit aufnehmen. Vorverträge entfalten eine rechtliche Bindung. Der Grundstückseigentümer kann sich von einem Vorvertrag nicht einseitig lösen. Dazu müssen die Parteien aber wesentliche Elemente wie den Pachtzins ausdrücklich regeln. Die aktuelle praktische Herausforderung ergibt sich allerdings daraus, dass sich der Pachtzins sehr schwankend entwickelt und stetig ansteigt. Meist gestaltet es sich vor allem Jahre später schwierig, die Nutzungsverträge zu dem gleichen Pachtzins abzuschließen.

Die bessere Alternative sind nach unserer Erfahrung gleich zu Beginn der Projektentwicklung abgeschlossene Nutzungsverträge. Der Beginn der festen Laufzeit ab Baubeginn (bei PV-Anlagen) und Inbetriebnahme bei Windenergieanlagen lässt sich trotz der neuesten Rechtsprechung rechtssicher ausgestalten. Entscheidend dafür sind exakt aufeinander abstimmte Regelungen, welche den Laufzeitbeginn mit außerordentlichen Kündigungsrechten des Grundstückseigentümers bei nicht in angemessener Zeit erreichter Baureife (vor allem Genehmigungen), verbunden mit Reservierungsentgelten, vor allem zur Abwendung möglicher Kündigungsrechte und aller durch den Projektentwickler zu tragenden Kosten der Genehmigungsverfahren miteinander verknüpfen. Erstaunlicherweise weisen Nutzungsverträge hier immer wieder unklare Formulierungen und nicht zueinander passende Formulierungen auf. Dies gilt selbst hinsichtlich eines immer wieder nicht ausdrücklich geregelten Ausschlusses der ordentlichen Kündigung.

Es zeigt sich, dass ein an jedes konkrete Projekt angepasster Nutzungsvertrag hier ein erstaunlich hohes Maß an Rechtssicherheit schaffen kann. 

Aktuelle Überlegungen für ein gesetzlich geregeltes Duldungsrecht des Eigentümers für die Verlegung von Kabelleitung und die Nutzung von Zuwegungen

Der Bundesgesetzgeber hat in dem Entwurf des seit längerem angekündigten Solarpakets I ein gesetzliches Leitungsrecht und ein Überfahrtsrecht während der Errichtung und des Rückbaus von Windenergieanlagen vorgesehen (vgl. § 11 a und § 11b EEG-E 2023 BR-Drs- 383/23). Eine gesetzliche Regelung mit einer entsprechenden Duldungspflicht des Grundstückseigentümers ist grundsätzlich sehr zu begrüßen. Es ergeben sich allerdings im bisher vorliegenden Entwurf verschiedene noch ungeklärte Rechtsbegriffe und Schwierigkeiten für den Vollzug.

Die Duldungspflicht des Grundstückseigentümers soll z.B. nicht bestehen, wenn dadurch die Nutzung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird. Allerdings existiert – bisher – keine Definition für eine Unzumutbarkeit. In der bisher vorliegenden Gesetzesbegründung genannten Beispiele sind meist mit „wesentlichen“ Beeinträchtigungen umschrieben. Ein weiterer sehr wesentlicher zu klärender Punkt sind mögliche Überschneidungen mit Nutzungsrechten Dritter. So geht der Gesetzgeber davon aus, dass eine dingliche Sicherung aufgrund des gesetzlich geregelten Nutzungsrechtes nicht mehr erforderlich sein soll. Gleichzeitig bildet den Verlauf einer Kabeltrasse nur ein dem Grundstückseigentümer übergebener Bestandsplan nach Verlegung der Kabeltrasse ab. Es bleibt somit – bisher – leider offen, wie sich konkurrierende Nutzungsrechte sicher abgrenzen lassen sollen. Dies gilt vor allem im Vergleich zu den im Grundbuch eingetragenen sog. dinglichen Rechten gegenüber Dritten.

Schließlich soll ein gesetzlich vorgegebener Entschädigungsanspruch des Grundstückseigentümers in Höhe von 5% des Verkehrswertes des für die Kabeltrasse genutzten Grundstückes gelten. Allerdings bleibt auch hier offen, auf welche Grundlage und vor allem Nutzungsart (Vornutzung, zukünftige PV-/Windnutzung sich der Verkehrswert berechnen soll.

Fazit

Aufgrund der immer noch langen Zeiträume bis zum Vorliegen der Baureife bietet es sich für die Absicherung der seitens der Investoren erwarteten sicheren Laufzeiten von 30 Jahren nach Baubeginn/Inbetriebnahme weiterhin an, den Beginn der festen Laufzeit an diese Ereignisse zu koppeln. Erforderlich werden sehr exakt für ein konkretes Projekt ausgearbeitete und passend aufeinander abgestimmte Regelungen in den Nutzungsverträgen. 

Das vom Gesetzgeber im noch zu verabschiedenden Solarpaket I vorgesehene gesetzliche Nutzungsrecht für Kabeltrassen und Zuwegungen ist grundsätzlich sehr zu begrüßen. Allerdings bleiben noch verschiedene wesentliche Praxisfragen offen. Es bleibt deshalb abzuwarten, ob die neuen Regelungen tatsächlich eine Beschleunigung für die Begründung entsprechender Nutzungsrechte bewirken. 

Co-Autorin: Rechtsanwältin Tessa Krabbe

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