Bauen unter Normabweichung - Planer muss den Bauherrn aufklären
Verlangt der AG eine Ausführung unter Abweichung von technischen Normen, so muss der Planer ihn in seiner Bedenkenmitteilung über den Inhalt der technischen Norm aufklären und die möglichen Folgen einer Abweichung beschreiben.
Andernfalls droht eine Haftung (OLG Karlsruhe vom 10.12.2018 - 19 U 83/16/ BGH vom 22.05.2019 - VII ZR 254/18; OLG Rostock vom 30.01.2018 - 4 U 147/14/ BGH vom 18.09.2019 - VII ZR 45/18).
Qualifizierte Bedenkenanmeldung
Dass auch Planer Bedenken anmelden müssen, wenn der Bauherr eine normwidrige Planung oder Ausführung verlangt, hat sich zwischenzeitlich herumgesprochen. Gerade bei fachkundigen Auftraggebern kann sich der Architekt mit dem Einwand entlasten, der Bauherr habe die Normabweichung gekannt und sogar gewollt. Voraussetzung ist aber der Nachweis, dass der AG die technische Regel und vor allem, dass durch ihre Einhaltung verhinderte Schadensrisiko erkannt und dennoch auf die Ausführung bestanden hat.
Architekten und Ingenieure sind daher gut beraten, die Planung oder Bauüberwachung nur nach Abgabe einer solchen qualifizierten Bedenkenmitteilung und dem dokumentierten Wunsch des Bauherrn zur Ausführung, fortzusetzen.
Vorsicht bei Bedenkenmitteilungen des Bau-AN
Zu erhöhter Aufmerksamkeit ist ebenfalls geraten, wenn der bauüberwachende Planer eine Bedenkenmitteilung des Bauunternehmers erhält. Zwar ist in der Rechtsprechung höchst umstritten, ob der Architekt Vertreter des AG und damit richtiger Adressat des Bedenkenhinweises des Bau-AN ist. Der Bauüberwacher darf die Mitteilung aber nicht einfach ignorieren, sondern sollte den Bauherrn qualifiziert informieren (siehe oben). Andernfalls droht ein sogar überwiegendes Mitverschulden. Außerdem kann der Versicherungsschutz gefährdet sein, wenn der Planer den Mangel bewusst pflichtwidrig ignoriert hat.