LP 8: Haftung für fehlerhafte Rechnungsprüfung
Zu den Aufgaben des Bauleiters in der Leistungsphase 8 gehört auch die Rechnungsprüfung. Die damit einhergehenden Pflichten und Risiken des Bauleiters sind regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen:
Pflichten des Bauleiters bei der Rechnungsprüfung
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass der Bauleiter im Rahmen der Rechnungsprüfung verpflichtet ist, Abschlags- und Schlussrechnungen insbesondere darauf zu prüfen, ob die eingesetzten Preise mit den vereinbarten Preisen übereinstimmen, Sonderkonditionen berücksichtigt sind, die abgerechneten Mengen dem Leistungsstand entsprechen und die abgerechneten Werkleistungen ordnungsgemäß erbracht wurden sowie vertragsgemäß sind.
Rechnet der Auftragnehmer Leistungen ab, die nicht beauftragt waren oder setzt er Preise an, die nicht vereinbart waren, ist die Schlussrechnung zu hoch. Gibt der Bauleiter diese Positionen dennoch zu Unrecht frei und leistet der Auftraggeber daraufhin ungerechtfertigte Zahlungen, führt bereits dieser Vermögensabfluss zu einem Schaden. Unerheblich ist dabei, ob der daraus folgende Rückzahlungsanspruch des Auftraggebers gegen den Auftragnehmer mit Blick auf eine mögliche Insolvenz des Auftragnehmers noch realisiert werden kann oder nicht (OLG Frankfurt, Urt. v. 17.08.2018, Az.: 21 U 78/17).
Überzahlung muss dem Bauüberwacher zurechenbar sein
Eine Haftung des Architekten für Überzahlungen des Auftraggebers kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Überzahlung direkt auf einen Fehler des Architekten bei der Rechnungsprüfung zurückgeführt werden kann. Dies war in der vom OLG München (Beschl. v. 13.02.2017, Az.: 27 U 3914/16 Bau) zu entscheidenden Konstellation nicht der Fall:
Der mit der Bauüberwachung beauftragte Architekt hatte elf Abschlagsrechnungen geprüft und freigegeben. Der Auftraggeber zahlte daraufhin ca. 360.000,00 € an den Auftragnehmer. Auf weitere Rechnungen des Auftragnehmers veranlasste der Auftraggeber ohne weitere Prüfungen des Architekten weitere Zahlungen, insgesamt ca. 425.000,00 €. Der Gesamtwert der Leistungen des Auftragnehmers belief sich jedoch nur auf ca. 375.000,00 €. Der Auftraggeber konnte den Architekten nicht für die Überzahlung in Anspruch nehmen: Da der vom Architekten freigegebene Betrag niedriger gewesen war als der Gesamtwert der erbrachten Leistungen, ist durch die eigenmächtig geleisteten Zahlungen des Auftraggebers der Zurechnungszusammenhang zwischen der Leistung des Architekten und der Überzahlung unterbrochen. Die Überzahlung ist nicht auf die (fehlerhafte) Rechnungsprüfung zurückzuführen.
Einschätzungstoleranz des Bauüberwachers bei Pauschalpreisverträgen
Etwas anders stellt sich die (Haftungs-) Situation bei Pauschalpreisverträgen dar. Zwar haftet der Bauüberwacher auch hier grundsätzlich für Überzahlungen nach den genannten Grundsätzen.
Bei Pauschalpreisverträgen besteht allerdings eine Besonderheit: Hier ist die exakte Feststellung des erreichten Leistungsstands nach Leistungspositionen anhand eines Aufmaßes nach Mengen und Maßen nicht geschuldet bzw. gar nicht erst möglich. Die Rechtsprechung billigt dem Bauüberwacher daher eine geringfügige Einschätzungstoleranz hinsichtlich des erreichten Leistungsstands und der Bewertung von Mängeln zu.
Dies bedeutet konkret, dass bei einem vereinbarten Pauschalpreis von 1,136 Mio. € eine Überzahlung von 17.300,00 € (1,8 %) vom Auftragnehmer hinzunehmen ist und nicht zu einem Schadensersatzanspruch gegenüber dem beauftragten Bauleiter führt (OLG Dresden, Urt. v. 12.12.2019, Az.: 10 U 35/18).