Newsletter Vergabe Juli 2021

Baupreisexplosion – Vergabeverfahren unter Kostenvorbehalt?

Grundsätzlich steht es dem Auftraggeber frei, den Beschaffungsgegenstand nach seinen Bedürfnissen und Vorstellungen zu definieren. Nur er weiß, welche Leistungen er in welchem Umfang benötigt. Dies entspricht dem Grundsatz der Privatautonomie, der zumindest bei der Festlegung des Beschaffungsgegenstandes ebenso für den öffentlichen Auftraggeber gilt. Das Vergaberecht regelt also nicht das „Was“ der Beschaffung, sondern vielmehr das „Wie“ der Beschaffung.

Angabe eines Maximalbudgets

Von dem Grundsatz umfasst ist auch die Vorgabe eines maximalen Budgets im Sinne einer Preis- bzw. Kostenobergrenze (vgl. EuG, Urt. v. 13. September 2011 - Rs. T-8/09). Der öffentliche darf also die Einhaltung einer Kostenobergrenze als Ausschlusskriterium vorgeben, um so seinen Bedürfnissen gerecht zu werden. Demnach werden nur Angebote gewertet, die die Kostenobergrenze einhalten. Angebote, die das Budget überschreiten, können ausgeschlossen werden.   

Vergaberechtliche Grenzen

Grenzen sind dem öffentlichen Auftraggeber bei der Festlegung seines Budgets als Ausschlusskriterium dort gesetzt, wo er seine Stellung missbraucht, indem er versucht, Waren oder Leistungen unter dem Marktpreis zu beschaffen bzw. die Preisobergrenze so niedrig angesetzt ist, dass mangels potentieller Bieter kein Wettbewerb mehr stattfinden kann ( vgl. OLG Koblenz, B. v. 04.02.2014 - Az.: 1 Verg 7/13). Bei der Festlegung einer marktüblichen Preisobergrenze sind auch die vorhersehbaren Kostenentwicklungen aufgrund der massiven Baupreissteigerungen zu berücksichtigen. Konkret bedeutet das: Der Auftraggeber muss bei der Kostenschätzung die aktuellen Preisentwicklungen der jüngeren Vergangenheit aber auch die für die nähere Zukunft zu erwartenden Preisentwicklungen in der Kostenschätzung berücksichtigen und darlegen sowie dokumentieren, wie er diese Preissteigerungen ermittelt und festgelegt hat.

Vergabemissbräuchlich wäre auch, wenn ein Vergabeverfahren aus bloßer Markterkundungsabsicht gestartet wird, ohne ernsthaftes Interesse an einer Beauftragung zu haben. Missachtet der öffentliche Auftraggeber diese Grenzen und legt ein übermäßig niedriges Budget fest, geht er zum einen das Risiko eines Nachprüfungsverfahrens ein, zum anderen läuft er Gefahr, keine bzw. keine wertbaren Angebote zu erhalten. Er muss das Vergabeverfahren  dann aufheben und mit geänderten Bedingungen wiederholen (1. VK Sachsen, B. v. 20.06.2014 - Az.: 1/SVK/017-14). Beides verursacht Kosten und unnötigen Zeitverlust.

Fazit

Letztlich dient die Festlegung eines angemessenen Budgets daher vor allem dem öffentlichen Auftraggeber. Dieser hat regelmäßig ein großes Interesse, möglichst viele Angebote zu erhalten. Dadurch lassen sich auch spätere Nachtragsdiskussionen vermeiden. Daher sollte der öffentliche Auftraggeber unter fairen Preisbedingungen ausschreiben oder, sollte das Budget sehr knapp bemessen sein, darüber nachdenken, Beschaffungsgegenstand zu reduzieren.

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