VK Brandenburg bestätigt Privilegierung gemeinnütziger Organisationen als Rettungsdienstleister
Es wird diskutiert, ob für gemeinnützigen Organisationen bei der Beauftragung mit Rettungsdienstleistungen die Bereichsausnahme von § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB greift. Für Brandenburg hat die Vergabekammer des Landes dies jüngst zugunsten eines von [GGSC] vertretenen kommunalen Rettungsdienstträgers bejaht ((Beschl. v. 01.06.2021, Az.: VK 7/21; noch nicht rechtskräftig).
Rechtlicher Hintergrund
Der VK Brandenburg zufolge dürfen sowohl der betreffende Landkreis als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes als auch dessen kommunale Eigengesellschaft von der Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Verbindung mit dem Brandenburgischen Rettungsdienstgesetz (BbgRettG) Gebrauch machen (Beschl. v. 01.06.2021, Az.: VK 7/21; noch nicht rechtskräftig). Dies hätte zur Folge, dass Leistungen des Rettungsdienstes, die an diese Organisationen beauftragt werden sollen, vom Erfordernis einer europaweiten Vergabe ausgenommen wären („Dieser Teil gilt nicht für ….“ in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB).
Die Bereichsausnahme entspringt dem EU-Recht und ist zugleich im nationalen Recht sowie in den meisten Landesregelungen enthalten. Das Zusammenspiel von insoweit teils voneinander abweichenden Vorschriften wirft im konkreten Einzelfall rechtlichen Fragen auf.
Ist es zulässig, gemeinnützige Organisationen als Rettungsdienstleister außerhalb des EU-Vergaberechts zu beauftragen?
Landkreise und kreisfreie Städte als Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes dürfen demnach gemeinnützigen Organisationen Aufgaben des Rettungsdienstes außerhalb des GWB Vergaberechts übertragen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 BbgRettG ist zur Auswahl der gemeinnützigen Organisation ein vereinfachtes transparentes, faires und diskriminierungsfreies (Verwaltungs-) Verfahren durchzuführen. Nach Auffassung der Vergabekammer können neben den Landkreisen und kreisfreien Städten auch kommunale Gesellschaften, die vom Landkreis oder den kreisfreien Städten mit Vollzugsaufgaben des Rettungsdienstes betraut sind, die Bereichsausnahme bei der Übertragung von Aufgaben an Unterauftragnehmer in Anspruch nehmen.
Konkrete Fallgestaltung – Bedeutung der Entscheidung
Im konkret entschiedenen Fall blieb ein Nachprüfungsantrag zweier Rettungsdienstleister ohne Erfolg. Sie hatten sich gegen das Auswahlverfahren einer landkreiseigenen Gesellschaft zur Beauftragung eines gemeinnützigen Rettungsdienstleisters für den Betrieb einer Rettungswache gewandt. Die Vergabekammer folgte umfassend der Argumentation von [GGSC], wonach das Brandenburger Landesrecht gemeinnützige Organisationen als Rettungsdienstleister privilegiert. Aufgrund der Nichtanwendbarkeit von (EU-)Vergaberecht nahm die Vergabekammer im Ergebnis ihre Unzuständigkeit an.
Der Beschluss der Vergabekammer ist die erste Entscheidung nach Einführung der
Bereichsausnahme in das GWB sowie der darauf bezogenen Änderung in § 10 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BbgRettG in Brandenburg. Sie reiht sich in die bundesweit zahlreich geführten Auseinandersetzungen über die vergaberechtliche Privilegierung von gemeinnützigen Organisationen ein. Rechtlich relevant sind dabei u.a. auch die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit, die europäisch vorgegeben sind, sowie die Beachtung landes- und kommunalrechtlicher Vorgaben zum öffentlichen Auftragswesen.
Weitere Aspekte in dem Nachprüfungsverfahren betrafen u.a. die Anforderungen an die Gemeinnützigkeit einer Organisation sowie die Vergleichbarkeit mit Regelungen aus dem Rettungsdienstrecht in anderen Bundesländern.
Beschluss der Vergabekammer noch nicht rechtskräftig
Der Beschluss der Vergabekammer ist noch nicht rechtskräftig, da das OLG Brandenburg als Rechtsmittelinstanz infolge der Beschwerde des unterlegenen Unternehmens noch zu entscheiden haben wird.
[GGSC] berät umfassend zum Kommunal- und Vergaberecht und hat in diesem Fall die obsiegende Auftraggeberin vor der Vergabekammer vertreten.
Co-Autor: Rechtsanwalt Felix Brannaschk