Das Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers im Vergabeverfahren
Immer wieder wird darum gerungen, welche Grenzen der Auftraggeber bei der Bestimmung der ausgeschriebenen Leistung und der Festlegung von Zuschlagskriterien in Ausschreibungen beachten muss. In einer aktuellen Entscheidung des Kammergerichts wird dem Auftraggeber dabei jeweils ein weiter Spielraum zugestanden (B. v. 17.10.2022 - Verg 7/22). Das Gericht bezieht sich auf die bisherige Rechtsprechung zum Leistungsbestimmungsrecht. Es betont, der Auftraggeber sei grundsätzlich frei festzulegen, welche konkrete Leistung seinem Beschaffungsbedarf am besten entspricht. Auch soll danach die Gewichtung der Kriterien für das wirtschaftlichste Angebot weitgehend im Ermessen des Auftraggebers liegen: Neben dem Preis soll er auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte berücksichtigen dürfen (vgl. vorausgehend VK Berlin, B. v. 13.05.2022 – VK B 1-54/21). Nicht beanstandet wurde, dass das Leistungskonzept mit 80 % gewichtet werden sollte, der Preis dagegen „nur“ mit 20 %. Dies war von den Antragstellern kritisiert worden.
Der Fall: Kritik der Antragsteller an der vorgegebenen Methode der Auftragserfüllung und den Zuschlagskriterien
Der Auftraggeber – das Land Berlin – schrieb die Erstellung der Mietspiegel 2023 und 2025 europaweit aus. In der Leistungsbeschreibung gab er eine bestimmte Methode zur Erstellung des Mietspiegels vor. Ein Unternehmen wandte hiergegen ein, dass die in der Leistungsbeschreibung vorgegebene Methode für die Erstellung ungeeignet sei, weil sie den Anforderungen an den anerkannten wissenschaftlichen Grundlagen widerspreche. Dies führte zu einer unzumutbaren und unmöglichen Leistung, die für den Bieter mit unkalkulierbaren Risiken verbunden sei. Auch sei deshalb ein erhebliches Haftungsrisiko zu befürchten.
Des Weiteren kritisiert der Antragsteller die unverhältnismäßige Gewichtung der Zuschlagskriterien (s. dazu schon oben).
Betonung des Leistungsbestimmungsrechts des Auftraggebers
Das Kammergericht bestätigte die Entscheidung der Vergabekammer Berlin und entschied ebenfalls zugunsten des Auftraggebers. In seiner Entscheidung betont das Gericht, dass dem Auftraggeber grundsätzlich das Recht zukommen soll zu bestimmen, ob und was er beschaffen möchte. Jedenfalls soll dies gelten, solange er dabei die Grenzen beachtet und damit keine Diskriminierung anderer Anbieter verbunden ist. Diese Bestimmungsfreiheit ermöglicht es ihm, die konkrete Leistungsbeschreibung festzulegen. Dies umfasse auch die Vorgabe einer bestimmten Methode.
Auch die Gewichtung der Zuschlagskriterien sei nicht zu beanstanden. Herausgestrichen wird, dass die Vergabeentscheidung auf Basis des wirtschaftlichsten Angebots getroffen wird, das sowohl den Preis als auch das Leistungsverhältnis berücksichtigt. Hierbei können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Aspekte eine Rolle spielen. Auch bei der Festlegung der Gewichtung der Kriterien sei der Auftraggeber weitgehend frei. Eine Pflicht, dass der Preis mindestens 30 % der Gewichtung ausmachen muss, gebe es nicht.
Fazit
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung zum Leistungsbestimmungsrecht des Auftraggebers. In einem Nachprüfungsverfahren wird nicht überprüft, ob die optimale Beschaffungsentscheidung getroffen worden ist. Zudem besteht keine starr-schematische, vergaberechtliche Verpflichtung, den Preis immer mit mindestens 30 % zu gewichten. Dieser Wert dient lediglich als (grober) Orientierungswert.
[GGSC] verfügt über umfassende Expertise bei Fragen nach der Ausgestaltung umfangreicher Ausschreibungen und gibt rechtssichere Hinweise zum Ausschreibungsgegenstand und Vergabe- bzw. Zuschlagskriterien.