Beweislast über richtige elektronische Information der Bieter nach § 134 GWB beim Auftraggeber
Vor der Zuschlagserteilung hat der öffentliche Auftraggeber alle Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über die beabsichtigte Erteilung des Zuschlags zu unterrichten. Versendet der Auftraggeber die Information elektronisch, trägt er die Darlegungs- und Beweislast für die Ordnungsgemäßheit der Versendung.
Rügt ein Bieter einen Vergaberechtsverstoß des Auftraggebers, hat er ein Mindestmaß an Substantiierung einzuhalten (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2019, Verg 54/18).
Informations- und Mittteilungspflicht gem. § 134 GWB
Ein öffentlicher Auftrag ist gem. § 135 GWB grundsätzlich von Anfang an unwirksam, wenn der öffentliche Auftraggeber gegen seine aus § 134 GWB folgende Informations- und Wartepflicht verstoßen hat. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn in dem Informationsschreiben keine zutreffenden Angaben über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthalten sind. Bei der E-Vergabe i.S. von § 9 VgV wird auch die Mitteilung gem. § 134 GWB regelmäßig elektronisch versendet – dann beträgt die „Wartezeit“ für den Auftraggeber grundsätzlich 10 Kalendertage.
Auftraggeber hat elektronische Versendung darzulegen und zu beweisen
Im Streitfall hat der öffentliche Auftraggeber die ordnungsgemäße Versendung der Information darzulegen und zu beweisen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.06.2019, Verg 54/18). Gelingt ihm dies nicht und weist die Vergabeakte lediglich eine Versendung per Post auf, beginnt die Wartefrist nicht zu laufen. Erteilt der Auftraggeber einem Bieter dennoch den Zuschlag, verstößt er gegen die Wartepflicht.
Folge eines Verstoßes gegen § 134 GWB: Grundsätzlich Unwirksamkeit des Zuschlags gem. § 135 GWB.
Die Zuschlagserteilung stellt sich dann gem. § 135 GWB grundsätzlich als unwirksam dar. Dies gilt sowohl für den Fall, wenn das Informationsschreiben gar keine Angabe zum frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses enthält, als auch dann, wenn in der Information eine kürzere als die gesetzliche Frist bis zum frühsten Zeitpunkt des Vertragsschlusses genannt wird. Für den Auftraggeber besteht dann nur die Möglichkeit, die Information erneut unter Angabe der zutreffenden längeren Frist zu versenden.
Ausnahme: Keine Unwirksamkeit, falls Angebot auszuschließen war
Selbst bei einem Verstoß gegen § 134 GWB kann aber (nur im Ausnahmefall) – jedenfalls nach dem OLG Düsseldorf – nicht von der Unwirksamkeit der Zuschlagserteilung auszugehen sein, wenn das Angebot des Bieters hätte ausgeschlossen werden müssen. Das hat das OLG in einem „Parallelbeschluss“ vom selben Tag entschieden (s. dazu auch den vorgehenden Beitrag, OLG Düsseldorf, B. v. 12.06.2019, Verg 8/19).
Keine Rüge ohne Mindestmaß an Substanz
Im entschiedenen Fall war die fehlende Information nach § 134 GWB gerügt worden. Grundsätzlich legt die Rechtsprechung einen großzügigen Maßstab an die Anbringung von Rügen an, da ein Bieter typischerweise nur einen begrenzten Einblick in den Ablauf des Vergabeverfahrens hat. In einem Nachprüfungsverfahren darf er sich daher grundsätzlich auf seinen Informationsstand, den er redlicher Weise für wahrscheinlich oder möglich halten darf berufen.
Nicht ausreichend für Rüge: Reine Vermutungen
Das OLG Düsseldorf hat nunmehr allerdings klargestellt, dass der Antragsteller zumindest tatsächliche Anknüpfungstatsachen oder irgendwelche Indizien vorzutragen hat, die einen hinreichenden Verdacht auf einen bestimmten Vergaberechtsverstoß begründen. Reine Vermutungen und Formulierungen wie „nach unserer Kenntnis“ oder „nach unserer Informationslage“ genügen hierfür grundsätzlich nicht.
[GGSC] berät regelmäßig öffentliche Auftraggeber unter anderem bei der Angebotsauswertung in Vergabeverfahren und der Vorbereitung der Zuschlagsentscheidung.