Nachprüfung in Rheinland-Pfalz auch im Unterschwellenbereich möglich – Hessen plant auch Änderungen
Im März dieses Jahres wurde die „Landesverordnung über die Nachprüfung von Vergabeverfahren durch Vergabeprüfstellen“ im Gesetz- und Verordnungsblatt Rheinland-Pfalz verkündet. Damit wird in Rheinland-Pfalz die Vergabenachprüfung auch für Ausschreibungsverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte eingeführt.
Art, Umfang und Grenzen der Nachprüfung im Unterschwellenbereich
Bislang gab es keine Möglichkeit zur Überprüfung von Vergabeverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte außer dem wenig erfolgversprechenden Zivilrechtsweg. § 7a Mittelstandsförderungsgesetz Rheinland-Pfalz sah schon seit Langem die Möglichkeit der Einrichtung von Vergabeprüfstellen für Ausschreibungsverfahren unterhalb der EU-Schwellenwerte durch das Land vor. Von dieser Ermächtigung hat die Landesregierung nunmehr Gebrauch gemacht und die Nachprüfungsverordnung beschlossen.
Hiernach soll beim Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz eine Vergabeprüfstelle als zentrale Nachprüfbehörde eingerichtet werden.
Die Nachprüfungsverordnung tritt am 01.06.2021 in Kraft. Sie gilt für Vergabeverfahren, die ab 01.06.2021 bezuschlagt werden. Es sind also auch Vergabeverfahren betroffen, die vor dem 01.06.2021 eingeleitet worden sind und erst danach zum Abschluss kommen.
Die Nachprüfung durch die Vergabeprüfstelle ist als eine besondere Form der Rechts- und Fachaufsicht ausgestaltet. Ihr unterfallen nur wirtschaftlich bedeutsame öffentliche Aufträge, die die festgesetzten Prüfungswertgrenzen erreichen oder überschreiten. Vom Ablauf her ist das Verfahren an das Nachprüfungsverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte angelehnt.
Die neu installierte Nachprüfung ist zunächst bis zum 30.06.2024 befristet. Die Ergebnisse einer Evaluation werden dann zeigen, ob sich die Bestimmungen bewährt haben und wie sie gegebenenfalls weiterentwickelt werden können.
Beschränkte Nachprüfung im Unterschwellenbereich auch in Hessen geplant
Mit Einführung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) beabsichtigt auch die Schwarz- Grüne Koalition in Hessen das Hessische Vergabe- und Tariftreuegesetz (HVTG) zu ändern. In der Plenarsitzung im März dieses Jahres wurde der entsprechende Gesetzesentwurf Regierungsfraktionen in der ersten Lesung im Landtag behandelt und an den zuständigen Fachausschuss zur Beratung verwiesen. Unser Partner und Fachanwalt für Vergaberecht Jens Kröcher ist als Sachverständiger am 02.06.2021 zu einer öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzesvorhaben eingeladen.
Auch wenn die Einführung einer förmlichen Nachprüfung im Unterschwellenbereich wie in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen ist, so sollen die Kompetenzen der bislang bestehenden VOB-Stellen bei Hessen Mobil, der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main und den Regierungspräsidien ausgeweitet werden zu sog. Vergabekompetenzstellen.
Neben der Beratung der öffentlichen Auftraggeber sowie Zuwendungsempfänger in Fragen des Vergaberechts sollen diese Vergabekompetenzstellen nunmehr auch für die Prüfung von behaupteten Vergabeverstößen durch (auch potentielle) Bewerber und Bieter in solchen Ausschreibungsverfahren zuständig sein, deren Auftragswert 500.000 € für Bau- und 50.000 € für Liefer-/Dienstleistungen erreichen oder überschreiten. Die Befugnis der Vergabekompetenzstellen soll immerhin so weit reichen, dass sie den öffentlichen Auftraggeber verpflichten können, den Zuschlag bis zur Bekanntgabe ihrer Empfehlung auszusetzen.
[GGSC] berät regelmäßig öffentliche Auftraggeber bei der Durchführung von Vergabeverfahren und hat bereits zahlreiche Vergabestellen erfolgreich in Nachprüfungsverfahren vertreten. Über den Fortgang der Novellierung des HVTG werden wir Sie in künftigen NL-Ausgaben auf dem Laufenden halten.