Newsletter Bau März 2021

Neuerungen beim gemeindlichen Vorkaufsrecht

Das Baulandmobilisierungsgesetz beinhaltet einige Neuerungen im Bereich der gemeindlichen Vorkaufsrechte nach §§ 24 ff. BauGB. Die Regelungen gehen auf die Empfehlungen der Baulandkommission zurück und waren von Anfang an Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens.

Verlängerung der Ausübungsfrist

In verfahrensrechtlicher Hinsicht wird die Frist, die der Gemeinde für die Prüfung und Entscheidung, ob sie das Vorkaufsrecht ausüben will, zusteht, von bisher zwei auf künftig drei Monate verlängert (§ 28 Abs. 2 S. 1 BauGB). Die Immobilienwirtschaft hatte die Regelung überwiegend wegen der damit verbundenen zeitlichen Beeinträchtigung der Abwicklung von Immobilienkäufen abgelehnt. Von den Kommunen war eine Verlängerung der Ausübungsfrist jedoch gefordert worden, weil die bisherige Frist von zwei Monaten gerade bei komplexeren Verfahren nicht ausreichte, das Vorkaufsrecht rechtsicher ausüben zu können.

Klarstellung der Allgemeinwohlbelange

In § 24 Abs. 3 S. 1 BauGB findet sich nunmehr die Klarstellung, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts insbesondere auch zur Deckung des Wohnbedarfs in der Gemeinde sowie zur Förderung der Innenentwicklung auf der Grundlage eines hierfür bestehenden Entwicklungskonzepts rechtfertigt. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.

Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorkaufsrechte

Im Übrigen werden die gesetzlichen Tatbestände, in denen der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zusteht, durch das Baulandmobilisierungsgesetz (moderat) erweitert:

Kauf von Schrottimmobilien

Neu eingefügt wird insbesondere die Möglichkeit der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts an sog. Schrottimmobilien. Der Gesetzgeber hat dies durch eine neue Nr. 8 des § 24 BauGB umgesetzt, der die Ausübung des Vorkaufsrechts davon abhängig macht, dass es sich um ein Gebiet handelt, in dem Baurecht auf der Grundlage eines wirksamen oder planreifen Bebauungsplans besteht oder das sich innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils befindet, und auf dem Grundstück Missstände vorliegen, von denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld ausgehen. Der Käufer kann, das Vorkaufsrecht dadurch abwenden, dass er sich gegenüber der Gemeinde gemäß § 27 BauGB dazu bereit erklärt, die Missstände in angemessener Frist selbst zu beseitigen.

Darüber hinaus wird das Vorkaufsrecht in Gebieten, die planungsrechtlich vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können (dies sind im Wesentlichen die reinen und allgemeinen Wohngebiete, nicht dagegen die Mischgebiete) gemäß § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BauGB, das bisher nur an unbebauten Grundstücken bestand, auf Grundstücke mit geringfügiger Bebauung erweitert.

Der Begriff der Geringfügigkeit ist im Gesetz nicht definiert. Die Begründung nennt beispielhaft das Bestehen von Einfriedungen. Geringfügig dürfte jedoch mit Rücksicht auf die planungsrechtliche Situation der Grundstücke etwa auch die Bebauung mit Gartenlauben oder Garagen sein.

Kauf von Grundstücken in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt

Von besonderem Interesse für die Gemeinden und Grundstückseigentümer dürfte das neue Vorkaufsrecht nach § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BauGB sein, wonach die Gemeinde künftig im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder bei im Zusammenhang bebauten Ortsteilen ein Vorkaufsrecht für jedes Wohnungsbaugrundstück ausüben kann, wenn die Grundstücke zwar derzeit nicht oder nur geringfügig bebaut sind (bzw. brachliegen), aber vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden könnten.

Die Ausübung dieses Vorkaufsrechts steht allerdings unter einem doppelten Satzungsvorbehalt: So muss die Gemeinde einerseits das Gebiet bestimmen, in dem sie von diesem Recht Gebrauch machen will. Dies ist bei allen besonderen Vorkaufsrechten nach § 25 BauGB auch bisher der Fall. Darüber hinaus muss es sich um ein durch Satzung bestimmtes Gebiet handeln, für das eine „angespannte Wohnungsmarktlage“ besteht. Eine solche liegt gemäß dem neuen § 201a BauGB vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist.

Es ist zu erwarten, dass Berlin auch von diesem neuen Satzungsvorkaufsrecht für ganz Berlin, jedenfalls aber für weite Teile des Stadtgebiets, Gebrauch machen wird.

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