Verpackungsgesetz - Kein Eilrechtsschutz gegen Zuweisung ans Schiedsgericht
Die Verfassungswidrigkeit der Zuweisung von Streitigkeiten nach § 23 Abs. 8, 9 VerpackG an private Schiedsgerichte ist nicht im Eilverfahren prüfbar. Dies hat das OLG Frankfurt am 30.11.2020 beschlossen (Az.: 26 Sch 17/20).
Ausgangslage
Im Kern wendet sich die Antragstellerin – ein privater Entsorger - gegen die Vergabe von Sammelleistungen an einen Konkurrenten. Ein Systembetreiber schrieb mit Leistungsbeginn ab dem 01.01.2021 Sammelleistungen nach § 23 VerpackG aus. Die Antragstellerin bewarb sich hierfür erfolglos und erhob gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung an einen Mitbieter Schiedsklage. Diese war ebenfalls erfolglos. Eine Entscheidung, die die Antragstellerin wiederum angriff. Vor dem OLG Frankfurt begehrte die Antragstellerin zusätzlich im Wege einer einstweiligen Verfügung, die Zuschlagserteilung bis zu einer Entscheidung über die Aufhebung des von ihr angegriffenen Schiedsspruchs zu
untersagen.
Verfassungswidrigkeit wegen mangelnder Vorlagebefugnis?
Dies begründet sie zum einen damit, dass bereits die Zuweisung ans Schiedsgericht durch § 23 Abs. 8, 9 VerpackG gegen den „ordre public“ verstoße und somit verfassungswidrig bzw. europarechtswidrig sei. Dies folge unter anderem daraus, dass Schiedsgerichte über keine Vorlagebefugnis zum EuGH verfügten. Somit sei eine einheitliche Auslegung des Unionsrechts nicht gewährleistet.
Keine Vorwegnahme der Hauptsache
Dennoch kommt nach Auffassung des OLG Frankfurt eine einstweilige Verfügung – auch unter dem verfassungsrechtlichen Gebot des effektiven Rechtsschutzes - nicht in Betracht. Schließlich findet der Eilrechtsschutz seine Grenzen in dem Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache. Dieses entspricht dem ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 GG. Insofern hat das OLG Frankfurt sich nicht inhaltlich mit der im Raum stehenden Verfassungswidrigkeit des § 23 Abs. 8, 9 VerpackG auseinandergesetzt. Vielmehr beschränkt der Senat seine Aussagen darauf, dass keine vorläufige Regelung zugunsten der Antragstellerin denkbar wäre, die nicht zu einer faktischen Vorwegnahme der Hauptsache führen würde.
Keine vorläufige Regelung denkbar, wenn zeitnahe Leistungsaufnahme
Würde der Antragsgegnerin aufgegeben werden, mit der Zuschlagserteilung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens über den Aufhebungsantrag zuzuwarten, wäre eine Zuschlagserteilung danach aufgrund des Zeitablaufs gar nicht mehr möglich. Damit würde eine Durchführung des gesetzlich geregelten Bieterverfahrens ins Leere laufen. Schließlich steht der Beginn des Leistungszeitraums zum 01.01.2021 bereits unmittelbar bevor.
Verweis auf Sekundärrechtsschutz
Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass die Antragstellerin durch die Versagung des Eilrechtsschutzes nicht rechtlos gestellt sei, da ihr freisteht, wegen der Versagung des Zuschlags Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Da [GGSC] auch kommunale Entsorger vertritt, haben wir wiederholt darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Geeignetheit dieses faktisch privatisierten Rechtsschutzes auch deshalb bestehen, weil die Verfahrenskosten – insb. im Vergleich zu der Sache nach vergleichbaren Nachprüfungsverfahren – unvertretbar hoch sind und im Schnitt ein Mehrfaches der gesetzlichen Gebühren nach RVG bzw. GKG für das Nachprüfungsverfahren betragen. Dies begründet wegen der faktischen Zugangsbeschränkung zu Rechtsschutz durch hohe Kostenrisiken auch verfassungsrechtliche Zweifel an der diskutierten Regelung.