Newsletter Abfall März 2022

PPK-Mitentsorgung: Wieder geht es um Millionen

Manchmal gibt es viel Aufregung bei vergleichsweise unwichtigen Angelegenheiten und umgekehrt eine eher unverständliche Ruhe bei stark störenden Sachverhalten. Das umschreibt die aktuelle Situation bei der Verhandlung der PPK-Mitentsorgungsentgelte.

Der Versuch ist nicht strafbar

Vielerorts stehen Verhandlungen zum Neuabschluss zu den Mitentsorgungsentgelten ab 2022 an. Wir haben berichtet, dass die sog. Kompromissempfehlung aus dem Herbst 2019 ausgelaufen ist, nach der die öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger sich bereit zeigen sollten, auf die Vorgabe des Volumenanteils der mitentsorgten PPK-Verkaufsverpackungen für den Fall zu verzichten, dass die Systeme ihrerseits auf eine Beteiligung an den Verwertungserlösen und eine körperliche Herausgabe ihrer PPK-Anteile verzichten. 

An die Stelle dieser Kompromissempfehlung ist keine weitere Verabredung auf Ebene der Verbände und der Systeme getreten. Vielmehr erleben wir Systeme, die unverhohlen von einer neuen Geschäftsgrundlage und der Notwendigkeit des „Resets“ verweisen.

Verzicht von Seiten der Systeme sei nicht mehr. Die hohen Verwertungserlöse könnten nicht länger bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verbleiben, vielmehr verlangen die Systeme die Gewährung des in § 22 Abs. 4 Verpackungsgesetz vorgesehenen Wahlrechts zwischen Erlösbeteiligung oder Herausgabe. Und das Recht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Vorgabe des Volumenanteils sei keine entsprechend zwingende Vorschrift. Jüngst hat sich ein Vertreter eines Systems in die Behauptung verstiegen, die Vorgabe des Volumenanteils sei nur eine Kann-Bestimmung. Man kann es versuchen: Hier das zwingende Wahlrecht der Systeme zwischen Erlösbeteiligung und Herausgabe, dort das angeblich unverbindliche Wahlrecht der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zwischen Vorgabe des Masse- oder Volumenanteils, das nicht akzeptiert werden soll. 

Millionengewinne der Systeme

Wir haben in unseren Fachveranstaltungen und hier im Newsletter schon verschiedene Modellrechnungen vorgestellt, um die Kommunen zu warnen, sich nicht vorschnell auf Lösungen einzulassen, die Verschiebungen von Millionen von Euro zu ihren Lasten bedeuten. Heute führen wir 3 x 150€ als durchaus realistische Beispielszahlen ein: Die Systeme zahlen 150 €/t an Mitentsorgungsentgelten an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, sie erhalten 150€/t an Lizenzentgelten von den Inverkehrbringern und sie erzielen 150 €/t aus der gemeinsamen oder eigenen PPK-Verwertung. Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger verzichten auf die Geltendmachung eines (angemessenen) Volumenfaktors, die Systeme haben mit Blick auf die Gesamtrechnung kein Verlustrisiko, bei ihnen stellen sich die Schwankungen auf der Verwertungsseite nur als ein Risiko für die Gewinnmaximierung dar. Umgekehrt riskieren die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger durch die Unterschreitung der Geltendmachung eines angemessenen Volumenanteils, gebührenrechtlich wegen unzulässiger Quersubventionierung der Systeme angreifbar zu sein. Weshalb sollen Abschlüsse zugunsten der Systeme und zulasten der Gebührenzahler:innen erfolgen - und zwar in Millionenhöhe?

Eilmeldung

Ein größerer öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger hat (endlich) erfolgreich einen Volumenfaktor von > 1,7 und ein Mitentsorgungsentgelt > 215 €/t für die Zeit ab 2022 verhandelt. Dabei wird das Wahlrecht zwischen gemeinsamer Verwertung oder körperlicher Herausgabe zu Konditionen geregelt, die geeignet sind, die vorgenannten Werte zu ergänzen. 

Herausgabeverlangen neuer Systeme

Zurückkommend auf die einleitende Bemerkung scheint vergleichsweise viel Aufmerksamkeit der Frage zuzukommen, ob neu hinzutretende Systeme trotz abgelaufener Fristen für die Ausübung des Wahlrechts noch nachträglich das Wahlrecht (auf Herausgabe) ausüben können. Die neu hinzutretenden Systeme sagen, wir konnten die Frist nicht einhalten, weil wir noch nicht genehmigt waren. Die Antwort der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sollte lauten: Wir können kein nachträgliches Wahlrecht gewähren, weil es in der bestehenden Anlage 7 nicht vorgesehen ist: Unterwerfung heißt Unterwerfung! Das neue Muster der Anlage 7 kommt den neuen Systemen hier entgegen. Ob das gerechtfertigt ist, mag dahinstehen.

Stopp dem Verschenken von Verwaltungsleistungen

Jedenfalls sollten die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger endlich Kostenansätze für die ständige Inanspruchnahme ihrer Verwaltungen im Zuge von Neuzulassungen von Systemen schaffen. Die Bürger:innen müssen schließlich für Verwaltungstätigkeiten regelmäßig Verwaltungsgebühren zahlen. Weshalb wird den Systemen der kommunale Aufwand zur Eröffnung ihrer gewerblicher Tätigkeiten nicht in Rechnung gestellt? Fünf neue Systeme beschäftigen 5 x 800 öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und zahlen nicht einmal eine Gebühr, wie sie für eine einzelne KFZ-Zulassung anfällt. 

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