Newsletter Abfall September 2021

Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO – auch interne Vermerke sind erfasst

Seit Inkrafttreten der DSGVO treffen auch kommunale Entsorgungsunternehmen und Abfallbehörden vermehrt Auskunftsersuchen der Bürger, die als Anschlusspflichtige in ihren Datenbanken registriert sind. Für verantwortliche Stellen bedeutet eine Auskunftserteilung erheblichen Aufwand. Um die „verlorene“ Arbeitszeit und die Kosten so gering wie möglich zu halten, behelfen sich nicht wenige Stellen damit, Auskunftsbegehren abzuwehren, indem bspw. darauf verwiesen wird, dass die betreffenden Dokumente bereits vorlägen oder es sich um rein interne Vorgänge handeln würde.

Der BGH hat nunmehr über die Reichweite des datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs des Art. 15 DSGVO entschieden und die Rechtsposition der Auskunftsberechtigten gestärkt. Dies stellt die örE künftig vor große Herausforderungen.

Reichweite des Auskunftsanspruchs

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil (vom 15.06.2021, Az.: VI ZR 576/19) hat der BGH klargestellt, dass nahezu alle Geschäfts- und Kommunikationsvorgänge dem Anwendungsbereich des Art. 15 DSGVO unterfallen. Diese Norm regelt das Recht der betroffenen Person, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, so hat die betroffene Person ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten (und auf weitere, dort genannte Informationen). Der Verantwortliche muss außerdem eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellen.

Der BGH sieht zu Gunsten der Auskunftsberechtigten eine extensive datenschutzrechtliche Auskunftspflicht der verantwortlichen Stelle. So ist der Auskunftsanspruch nicht auf „signifikante biografische Informationen“ beschränkt, die „im Vordergrund“ des fraglichen Dokuments stehen; ebenfalls nicht auf Daten, die dem Auskunftsberechtigten noch nicht bekannt sind. Auch kann der Betroffene wiederholt Auskunft verlangen.

Die Ausführungen des BGH zugrunde gelegt, ist von dem Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DSGVO die zurückliegende Korrespondenz zwischen dem örE und dem Betroffenen umfasst, und zwar sowohl Schreiben des Anschlusspflichtigen an den örE ihrem gesamten Inhalt nach als auch Schreiben des örE an den Bürger insoweit, als sie Informationen über ihn enthalten. Dies betrifft insbesondere Informationen über Gebührenzahlungen des Anschlusspflichtigen.Ebenso kann Gegenstand eines Auskunftsersuchens die Korrespondenz des örE mit Dritten sein, soweit diese Daten enthält, die auf die Person des Betroffenen bezogen sind.

Der Knackpunkt des Urteils dürfte jedoch sein, dass in den Anwendungsbereich des Art. 15 Abs. 1 DSGVO auch interne Vermerke und Kommunikation auf Seiten des örE fallen, soweit darin Informationen über den Bürger enthalten sind. Davon erfasst sind typischerweise Vermerke, die festhalten, wie sich der Betroffene telefonisch oder in persönlichen Gesprächen geäußert hat.

Grenzen des Auskunftsanspruchs

Zugleich hat der BGH aber auch ausgeführt, welche Informationen und Vorgänge nicht vom Auskunftsanspruch des Art. 15 Abs. 1 DSGVO umfasst sind, nämlich die Kommunikation der verantwortlichen Stelle mit Dritten, die keinen Bezug zur Person des Betroffenen hat.

Ebenfalls nicht Gegenstand des Auskunftsanspruchs sind interne Bewertungen der verantwortlichen Stelle zu den Ansprüchen des Betroffenen. Zwar können rechtliche Analysen personenbezogene Daten enthalten, jedoch ist die auf der Grundlage dieser personenbezogenen Daten vorgenommene Beurteilung der Rechtslage selbst keine Information über den Betroffenen und damit kein personenbezogenes Datum.

Angedeutet hat der BGH, dass im Einzelfall weitere Gründe der Auskunftserteilung entgegenstehen können. Das wäre bspw. der Fall, wenn der Auskunftsersuchende Zwecke verfolgt, die Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht schützt, z.B. zur Ausforschung der Gegenseite. Es kommt nicht selten vor, dass es Anschlusspflichtigen nur darum geht, ihre eigene Position gegenüber dem örE deutlich zu verbessern oder in außergerichtlichen bzw. gerichtlichen Verfahren Druck auf den Gegner auszuüben.

Denkbar wäre auch eine Begrenzung oder gar ein Ausschluss des Auskunftsanspruchs in den Fällen, in denen mit Erteilung der begehrten Auskunft ein unverhältnismäßiger Aufwand für den Verantwortlichen verbunden wäre oder in denen der Auskunftserteilung ein Geheimhaltungsinteresse des Verantwortlichen oder Dritter entgegenstünde.

Ebenso kann der örE bei offenkundig unbegründeten oder – insbesondere im Fall von häufiger Wiederholung – exzessiven Anträgen ein angemessenes Entgelt verlangen oder sich gar weigern, aufgrund des Antrags tätig zu werden. Insbesondere die Verpflichtung des örE, eine Kopie der personenbezogenen Daten zur Verfügung stellen, kann eingeschränkt sein oder sogar entfallen, wenn andernfalls Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigt werden würden.

Etablierung effizienter Prozesse zur Auskunftserteilung

Der BGH nimmt damit einen sehr weiten Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO an. Dies wird bei den örE nicht unerhebliche Kosten und Aufwand verursachen, da die Aufbereitung der gespeicherten Informationen zumeist noch manuell erfolgt. Ein gutes Datenschutzmanagement ist hier unerlässlich, wenn es nicht dazu kommen soll, dass die betreffenden Stellen bald nur noch damit beschäftigt sind, Auskünfte zu erteilen, anstatt ihren eigentlichen Aufgaben nachzugehen. Es empfiehlt sich, bereits jetzt ein effektives Auskunftsverfahren zu implementieren.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, kommunale Entsorgungsunternehmen und Abfallbehörden regelmäßig in allen Fragen des Datenschutzes.

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