Kosten der Nachtragserstellung bleiben beim Auftragnehmer
Kosten eines Privatsachverständigengutachtens für eine Vergütungsermittlung nach VOB/B sind vom Auftraggeber nicht als Teil der Mehrkosten zu erstatten und bleiben beim Auftragnehmer. Das hat der BGH nun geklärt.
Der Fall
Häufig lassen sich Mehrvergütungsansprüche nur durch ein baubetriebswirtschaftliches Sachverständigengutachten schlüssig darlegen. Das gilt insbesondere für Mehrvergütungsansprüche im Zusammenhang mit der Entschädigung von Bauzeitverzögerungen – vgl. hierzu auch die Artikel zu Bauzeitverzögerungen und modifizierten Zuschlagserteilungen in diesem Newsletter.
Im vom BGH mit Urteil von 22.10.2020 (VII ZR 10/17) entschiedenen Fall schrieb der Auftraggeber den Neubau einer Straßenüberführung aus. Es kam zu Verzögerungen im Ausschreibungsverfahren. Der Zuschlag wird im Ergebnis gut 3 Monate später erteilt als vorgesehen, die Bauzeit verschob sich damit ebenfalls um gut 3 Monate nach hinten. Der Auftragnehmer macht bauzeitbedingte Mehrkosten nach § 2 Abs. 5 VOB/B geltend, ferner die Kosten für ein baubetriebliches Privatsachverständigengutachten. In diesem Gutachten wurden die entstandenen Mehrkosten ermittelt, die dann mit zum Gegenstand der Schlussrechnung gemacht wurden.
Die Entscheidung
Der BGH stellte in seinem Urteil klar, dass Kosten eines Privatsachverständigengutachtens, die der Auftragnehmer zur Ermittlung der Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B aufwendet, nicht vom Auftraggeber als Teil der Mehrkosten zu erstatten sind.
Kosten zur Ermittlung der Vergütung können schlicht und ergreifend nicht selbst Gegenstand dieser Vergütung sein. § 2 Abs. 5 VOB/B stellt bei der Ermittlung der Mehr- und Minderkosten auf diejenigen ab, die im Zusammenhang mit der vertraglich vereinbarten Leistung anfallen. Dazu gehören aber nicht die Kosten, die erforderlich sind, eine geschuldete Vergütung erst schlüssig zu ermitteln.
Folgerungen
Die Ermittlung von bauzeitbedingten Mehrkosten ist aufwändig und die rechtlichen Hürden extrem hoch, insbesondere, wenn es nicht lediglich um einen verzögerten Start geht. Hierfür wird ein Auftragnehmer regelmäßig baubetriebswirtschaftliche Expertise hinzuziehen müssen, die Geld kostet. Aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten sollte dieses Geld nur dann investiert werden, wenn sich Aufwand und Ertrag auch die Waage halten – mithin: Gutachterkosten sind dann in Kauf zu nehmen, wenn die streitige Forderung plausibel und so hoch ist, dass ein auskömmlicher Vergleich geschlossen werden kann. Die Entscheidung des BGH dürfte sich auch auf andere Konstellationen übertragen lassen, bei denen der Auftragnehmer externe Hilfe bei der Erstellung von Nachtragsangeboten in Anspruch nimmt.