Auswirkungen auf künftige Verträge
Was sollte man nun beachten, wenn man in Zukunft Architektenleistungen ausschreibt, oder als Architekt / Ingenieur Angebote abgibt?
Ausschreibungen durch öffentliche Auftraggeber
Nach derzeitigem Recht darf man als öffentlicher Auftraggeber in einem Vergabeverfahren keinen Vertrag schließen, der eine mindestsatzwidrige Honorarvereinbarung enthält (§ 76 VgV). Dieses Gebot wird sich wohl nicht mehr halten lassen. Staatliche Auftraggeber, die nach Vergaberecht Aufträge erteilen, sind Teil der Bundesrepublik und müssen daher den Urteilen des EuGH zu praktischer Wirkung verhelfen, selbst wenn das neue Recht noch nicht umgesetzt ist.
Für die Vorbereitung von Vergabeverfahren wird das bedeuten, dass man als Vergabestelle im Prinzip größere Flexibilität bei den Honorarparametern hat und also auch Preisnachlässe hinnehmen dürfte. Nach unserer praktischen Erfahrung mit der Begleitung von zahlreichen VgV-Verfahren über Architektenleistungen halten wir es aber nach wie vor für sinnvoll, Honorare für Grundleistungen im Prinzip in der Struktur der HOAI-Parameter abzufragen. Ob man dann dazu im Einzelfall Vereinbarungen trifft, die den Mindestsatz unterschreiten, ist eine andere Frage. Strukturell und mit Blick auf das Gleichbehandlungsgebot im Vergaberecht empfehlen wir aber, unverändert die Honorare nach HOAI zu strukturieren.
Honorarangebote durch Architekten und Ingenieure
Für Planungsbüros ist das Urteil des EuGH janusköpfig: Der Nachteil ist, dass man auf absehbare Zeit wohl kein Argument mehr hat, das eigene Honorarangebot dürfe ja gar nicht niedriger ausfallen, weil es nun einmal den Mindestsatz gebe. Dadurch wird auch vermutlich ein größerer Preiskampf entstehen als bisher. Andererseits gibt das Urteil auch mehr Flexibilität, wenn man wegen der Besonderheiten eines Projekts einmal zum Ergebnis kommt, dass man den Mindestsatz gar nicht braucht und günstiger anbieten kann (um die Auftragschance zu erhöhen). Das wird in Zukunft zulässig sein, ohne dass man einen Ausschluss vom Verfahren fürchten muss.
Im privaten Bereich, außerhalb von formalisierten Vergabeverfahren, gilt all das erst recht. Als Planungsbüro muss man sich ab sofort darauf einstellen, dass Honorarvereinbarungen, die man anbietet, wirksam und bindend bleiben, selbst wenn sie sich im Ergebnis als mindestsatzwidrig herausstellen.
Treffen Sie Honorarvereinbarungen!
Die wichtigste Folgerung aus dem obigen Streitstand und der Schwebephase bis zur Anpassung der HOAI lautet aber: Treffen Sie unbedingt Honorarvereinbarungen, und zwar klare, eindeutige und schriftliche. Denn wenn man eine vertragliche Vereinbarung hat, wird das EuGH-Urteil nur in den seltensten Fällen überhaupt eine Bedeutung erlangen. Eine klare Honorarvereinbarung ist also das beste Mittel, um mittel- und langfristig ohne Schwierigkeiten mit der jetzigen Schwebephase umzugehen. Wenn man dann die minimalen Formalien einhält, die die HOAI nach wie vor vorschreibt (Schriftform, Rechtzeitigkeit der Vereinbarung), bildet die Honorarvereinbarung eine feste und belastbare Grundlage für die Abwicklung des gesamten Projekts.
Solche Honorarvereinbarung müssen nicht, sollten aber an den HOAI-Parametern ausgerichtet sein. Es war schon immer zulässig und bleibt zulässig, Pauschalhonorare zu vereinbaren, aber die Berechnung von Architektenhonorar nach den Parametern der HOAI ist eine über Jahrzehnte erprobte und praxistaugliche Lösung. Die HOAI enthält auch entgegen unausrottbarer Fehlannahmen zahlreiche Stellschrauben, mit denen man die Honorarhöhe projektspezifisch sachgerecht anpassen kann, auch nach unten, wenn nötig.