Fehlende Registrierung: Nachprüfungsantrag unzulässig!
Ein Nachprüfungsantrag ist unzulässig, wenn der Antragsteller deutlich gemacht hat, an der Abgabe eines Angebots nicht ernsthaft interessiert zu sein. Alleine das Herunterladen der Vergabeunterlagen soll für ein solches Interesse nicht ausreichen.
Fehlende Registrierung = kein Interesse am Auftrag (?)
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrags ist u.a. die Antragsbefugnis. Das antragstellende Unternehmen muss hierfür einen durch die behauptete Rechtsverletzung entstandenen oder drohenden Schaden darlegen. Nach herrschender Meinung und Spruchpraxis der Nachprüfungsinstanzen sind an diese Voraussetzungen keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt, wenn der Bieter schlüssig darlegt, dass durch den behaupteten Vergaberechtsverstoß seine Chancen auf den Zuschlag zumindest verschlechtert sein können bzw. er sich etwa aufgrund des Verstoßes gegen den Grundsatz der Produktneutralität an einer Angebotsabgabe gehindert sieht.
Nach Auffassung der Vergabekammer Niedersachsen (Beschluss vom 25.09.2024 - VgK-19/2024) kann davon ausgegangen werden, dass ein Unternehmen nicht ernsthaft daran gedacht hat, selbst ein Angebot abzugeben, wenn es sich zu dem Vergabeverfahren auf dem Vergabeportal nicht registriert hat.
Erst durch eine Registrierung könne der Interessent sicherstellen, dass er vom Auftraggeber über kalkulationsrelevante Antworten auf Bieterfragen oder etwaige kalkulationsrelevante Änderungen der Vergabeunterlagen informiert werde. Das Herunterladen der Vergabeunterlagen und eine spätere Rüge von Vergaberechtsverstößen in einem laufenden Vergabeverfahren (hier: vor Ablauf der Angebotsfrist) sollen als Nachweis des Interesses am Auftrag nicht ausreichen.
Empirische Erkenntnisse der Vergabekammer
Die Vergabekammer hat im Hinblick auf fehlende Rechtsprechung der Nachprüfungsinstanzen zur Antragsbefugnis ohne Registrierung nach eigenem Bekunden empirisch anhand der 2023 bei ihr anhängigen Nachprüfungsverfahren geprüft, ob eine fehlende Registrierung das Risiko erhöht, ein vom Inhalt der Vergabeunterlagen abweichendes Angebot oder ein Angebot in Unkenntnis weiterer Erläuterungen abzugeben.
In mehr als der Hälfte der von der VK ausgewerteten Verfahren habe es Bieterfragen und –informationen gegeben, die allen registrierten Unternehmen zugänglich gemacht wurden. In über 20 % gab es Änderungen der Vergabeunterlagen. Die Kammer schlussfolgert daraus, dass angesichts der Kalkulationsrelevanz der Bieterantworten und der geänderten Vergabeunterlagen niemand, der ernsthaft ein Angebot abgeben möchte, auf die Registrierung verzichten werde. Das atypische Verhalten eines Bieters gegenüber dem Verhalten derjenigen Bieter, die sich konkrete Hoffnungen auf den Zuschlag machen, sei ein erhebliches Indiz zur Beurteilung seines ernsthaften Interesses am Zuschlag. Die Antragstellerin habe in dem zu beurteilenden Sachverhalt nach Überzeugung der Vergabekammer die Vergabeunterlagen nicht zur Abgabe eines eigenen Angebots, sondern ausschließlich zur Marktbeobachtung und Wahrung der Marktchancen ihres Produkts heruntergeladen.
Registrierungspflicht durch die Hintertür?
Die Vergabekammer Niedersachen betont in der Entscheidung zu Recht, dass es keine allgemeine Registrierungspflicht nach den Bestimmungen der VgV gebe. Vielmehr sei der Zugang zu den Vergabeunterlagen uneingeschränkt zu gewährleisten, § 9 Abs. 3 Satz 2 VgV. Nur, wenn der Auftraggeber eindeutig eine Registrierung nach § 9 Abs. 3 Satz 1 VgV vorschreibe, gelte etwas Anderes. Genau dies war aber nach der Überzeugung der Vergabekammer im entschiedenen Fall nicht geschehen.
Ob es bei dieser Ausgangslage tatsächlich vertretbar ist, die fehlende Registrierung als entscheidenden Beleg des fehlenden Interesses am Zuschlag zu interpretieren, erscheint jedenfalls zweifelhaft. Es mag hier in der mündlichen Verhandlung Anknüpfungspunkte gegeben haben, die eine bloße Marktbeobachtung wahrscheinlich erscheinen lassen. Aus einem „unvernünftigen Verhalten“ eines Bieters aber zu schließen, dass er von vorneherein kein Interesse am Auftrag hat, ist sehr weitgehend. Relevant wird diese Frage ohnehin nur dann, wenn der betroffene Bieter selbst kein Angebot abgegeben hat – sei es, weil die Angebotsfrist noch nicht abgelaufen ist oder aber er sich an der Abgabe des Angebots aufgrund vermeintlich vergaberechtswidriger Festlegungen gehindert sieht. Spätestens mit Abgabe des Angebots ist in Zeiten der eVergabe eine Registrierung, sprich die Angabe einer Unternehmensbezeichnung und einer elektronischen Adresse, obligatorisch.