Preisangaben – Fehler vorprogrammiert?
Unabhängig von der genauen Ausgestaltung eines Vergabeverfahrens ist die Bedeutung von Preisangaben nicht hoch genug einzuschätzen. In der Beratungspraxis kommt es hier immer wieder zu Fehlern – sowohl bei der Festlegung von Kalkulationsvorgaben durch Auftraggeber als auch bei Angaben von Bietern. Zwei aktuelle Entscheidungen von Vergabekammern aus 2021 bieten Anlass zur Vor- und Umsicht zu mahnen.
Kalkulationsvorgaben zulässig, aber anspruchsvoll in der Darstellung
Die Vergabekammer Rheinland-Pfalz hat in einem Beschluss vom 28.05.2021 (VK 2-33/20) bestätigt, dass es dem öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich freisteht, konkrete Kalkulationsvorgaben für die Angebotspreise festzulegen. Der Auftraggeber muss hierfür im Leistungsverzeichnis unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass bestimmte Kosten in einer konkret benannten Einzelposition einzustellen sind. Das OLG Düsseldorf hatte bereits im Jahr 2017 entschieden, dass die Grenze für solche Vorgaben lediglich bei einer unzumutbaren Belastung für die Bieter gezogen wird (Beschluss vom 06.09.2017, VII-Verg 9/17).
Was ist schon unmissverständlich?
Der Auftraggeber in dem von der VK Rheinland-Pfalz entschiedenen Fall hatte sich an solche Vorgaben gewagt und in seine Unterlagen sehr detaillierte Vorgaben zur Kalkulation der Angebotspreise in vier unterschiedlichen Kategorien aufgenommen. Erst im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens wurde offenkundig, dass zwei Bieter die Vorgaben der Zuordnung der einzelnen Kosten unterschiedlich verstanden haben. Die Vergabekammer gelangte zu dem Ergebnis, dass die Festlegungen nicht eindeutig und unmissverständlich sind. Maßstab ist dabei der objektive Empfängerhorizont, d.h. die Bieter hätten den Vorgaben deutlich und sicher entnehmen können müssen, welche Kosten der jeweiligen Einzelposition zuzurechnen sind.
Dies war nach Auffassung der Vergabekammer nicht der Fall. Daher könne auf einen Verstoß gegen diese Vorgaben auch kein Ausschluss wegen „fehlender“ Preisangaben nach § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV gestützt werden. Auch wenn die Begründung der Vergabekammer nicht ganz zweifelsfrei ist, ist ihr zuzustimmen, dass die Anforderungen an die Eindeutigkeit entsprechender Angaben in den Vergabeunterlagen vor dem Hintergrund eines drohenden Ausschlusses bei einer Abweichung hoch sein müssen. Alle Auftraggeber sollten daher sehr zurückhaltend mit der Aufstellung von Kalkulationsvorgaben sein, denn die rechtssichere und unmissverständliche Abfassung solcher Festlegungen ist anspruchsvoll. Vorgaben sollten nur vorgesehen werden, wenn sie sich als zwingend erforderlich erweisen.
Widersprüchliche Preisangaben können regelmäßig nicht aufgeklärt werden
Bietern sollte bewusst sein, dass die Preisangaben in einem Angebot zweifelsfrei sein müssen. Gleichwohl kommt es hier regelmäßig zu Fehlern. Die Vergabekammer des Bundes hatte am 12.03.2021 (VK 1 – 20/21) einen Fall zu entscheiden, in dem die Eintragungen der Preise im Leistungsverzeichnis unstreitig nicht mit denen im Angebotsblatt übereinstimmten.
Die Vergabekammer gelangte daher zu dem Ergebnis, dass der tatsächlich gemeinte Preis vom Auftraggeber nicht ermittelt werden konnte. Eine Auslegung der Erklärungen des Bieters sei nicht zulässig, wenn der Auftraggeber hierfür Nachforschungen über das wirklich Gewollte beim Bieter anstellen müsste. Die Vergabekammer weist zu Recht darauf hin, dass der Bieter es andernfalls in der Hand hätte, den angebotenen Preis nachträglich gegen einen anderen auszutauschen.
Sorgfalt der Bieter erforderlich und Zurückhaltung der Vergabestellen geboten
Die Bieter sollten daher bei allen Preisangaben besondere Sorgfalt walten lassen und insbesondere vor der elektronischen Einreichung eines Angebots nochmals prüfen, ob die Angaben im Angebot übereinstimmen. Im von der VK Bund entschiedenen Fall war etwa das Leistungsverzeichnis mit Datum vom 18.11.2020, das Angebotsschreiben hingegen mit Datum vom 20.10.2020 versehen und Preisangaben in vier von fünf Positionen stimmten nicht überein. Die Auftraggeber sollten es den Bietern aber auch nicht unnötig schwermachen und auf eine Wiederholung von Preisangaben in verschiedenen Teilen des Angebots verzichten.
An dieser Stelle wird auf den nachgehenden Fall verwiesen, im dem bei einer Vergabe von Leistungen zur Schülerbeförderung Preisangaben und –wertung umstritten waren.
[GGSC] verfügt über langjährige Expertise in der Begleitung von Vergabeverfahren und insbesondere der Preisabfrage und Preisprüfung nach § 60 VgV bzw. § 16d EU Abs. 1 VOB/A.