Preiswertung in der Schülerbeförderung
Die Schülerbeförderung stellt Vergabestellen immer wieder vor neue Herausforderungen, ein geeignetes Preismodell zu wählen und dies anschließend fehlerfrei zu werten. Die Vergabekammer Berlin hatte jüngst in einem Verfahren dazu zu entscheiden und schickte die Vergabestelle in der Folge zurück in die Wertung. [GGSC] vertrat hierbei an der Seite des Landes den bestbietenden Beigeladenen (Beschl. v. 11.11.2021, Az.: B1-10/21).
Unterschiedliche Preisangaben
Dieser hatte einen Angebotspreis in einem (elektronischen) Preisblatt eingetragen, in dem Preise je Tour abgefragt wurden. Das eigentliche Angebotsblatt war dagegen anders strukturiert und letztlich nicht eindeutig. Die Beigeladene hatte daher –mit entsprechender Anmerkung – einen „gemittelten Tag“ als Wert eingetragen, sich allerdings dabei unglücklicherweise auch verrechnet. Aus Sicht der Vergabestelle war aber das Preisblatt eindeutig, so dass dieses zugrunde gelegt wurde.
Auf Antrag des Zweitplatzierten folgte die Vergabekammer der Wertung der Vergabestelle nicht und hob diese auf. Aus ihrer Sicht war das Angebot des Bestbieters nach § 57 Abs. 1 Nr. 5 VgV auszuschließen, da es sich um keinen „offensichtlichen sachlichen Fehler“ handelte und der Preis im Angebotsschreiben nicht mehr korrigiert werden konnte. Die Beigeladene hätte nicht „eine eigene Formel für die Preisangabe entwickeln“ dürfen.
Ungefragte Fehlersuche
Die Vergabekammer hatte diesen Umstand von sich aus bemängelt. Die Antragstellerin, deren Vortrag eigentlich Anlass zum Nachprüfungsverfahren gibt, hatte dies – mangels Kenntnis des Angebots des Konkurrenten – nicht thematisiert. Wie die Vergabekammer selbst einräumte, ist sie gem. § 163 Abs. 1 Satz 3 GWB im Nachprüfungsverfahren nicht zu einer allgemeinen Rechtmäßigkeitskontrolle verpflichtet. Allerdings sah sie sich befugt, auch auf nicht gerügte Punkte einzugehen, nachdem der Antrag aus anderen Gründen die Hürde der Zulässigkeit genommen hatte.
Aus Sicht von [GGSC] bedarf es hier noch einer grundsätzlichen, höchstrichterlichen Klärung der Kontrolldichte der Vergabekammern. Im Verwaltungsprozessrecht hatte in einer ähnlichen Situation das Bundesverwaltungsgericht im Jahr 2002 der sog. „ungefragten Fehlersuche“ einen Riegel vorgeschoben (Urt. v. 17.04.2002, Az.: 9 CN 1.01) und angemahnt, bei der Kontrolle dürfe „nicht das Rechtsschutzbegehren des Klägers aus dem Auge verloren werden“. Im Vergaberecht sollte schon mit Blick auf das Beschleunigungsgebot, das den Vergabekammern eine schnelle Entscheidung abverlangt, der Prüfrahmen weitestgehend auf das Vorbringen der Antragstellerin beschränkt bleiben.
Co-Autor: Rechtsanwalt Felix Brannaschk