Transformation des Vergaberechts hin zu mehr Nachhaltigkeit?
Der Referentenentwurf des lang erwarteten Vergabetransformationspaketes liegt nun vor. Geändert werden sollen die maßgeblichen Vergabegesetze auf Bundesebene, so etwa das GWB, die Vergabeverordnung und die UVgO.
Ziele der Reform
Neben einzelnen Änderungen, die vor allem die Beschleunigung und Digitalisierung von Vergabeverfahren bewirken sollen, wurden auch Neuerungen vorgeschlagen, die die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Aspekte bei Ausschreibungen ermöglichen, fördern, und teilweise sogar verbindlich vorgeben sollen.
Neuer Nachhaltigkeitsparagraph § 120a GWB – Mindestens ein Kriterium
Zentrale Vorschrift der „nachhaltigen“ Vergabetransformation ist der neue § 120a GWB. Danach „sollen“ alle Auftraggeber bei Oberschwellenvergaben im Rahmen der Leistungsbeschreibung, oder, sofern geeigneter, auf anderen Stufen des Vergabeverfahrens mindestens ein soziales oder ein umweltbezogenes Kriterium berücksichtigen.
Derzeit ist die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien gesetzlich eher als Option ausgestaltet – dem Auftraggeber wird insoweit ein Spielraum eingeräumt: Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebotes nach § 127 Abs. 1 GWB „kann“ er soziale oder umweltbezogene Aspekte berücksichtigen, nach § 128 Abs. 2 „können“ Ausführungsbedingungen auch umweltbezogene und soziale Belange umfassen.
Zwingend zu berücksichtigen wäre nach dem Referentenentwurf bei der Ausgestaltung der Vergabeunterlagen nach Absatz (4) mindestens ein umweltbezogenes Kriterium, wenn der Beschaffungsgegenstand in einer der in Absatz (5) genannten Verwaltungsvorschriften aufgeführt ist, in der für eine solche Berücksichtigung besonders geeignete Beschaffungsgegenstände aufgeführt werden sollen.
Auch ein Entwurf dieser Allgemeinen Verwaltungsvorschrift (AVV) liegt bereits vor. Als besonders geeignete „Leistungen“ genannt werden jeweils in Absatz (1) der §§ 2, 3 dieser AVV ausschließlich Sachen, aber gerade keine Dienstleistungen. Für einen Teil von Dienstleistungen würde jeweils der zweite Absatz heranzuziehen sein, wonach bei der Vergabe einer Bau- oder Dienstleistung die Vorgaben aus § 120a GWB auch zu beachten sind, soweit die in § 2 Abs. 1 Nr. 11 AVV benannte Leistung (Holzprodukte) in nicht unerheblichem Maße für die Ausführung der zu beschaffenden Leistung verwendet wird. Denkbar wäre natürlich auch eine Ausweitung auf die anderen genannten Beschaffungsgegenstände, zumal die Liste in der AVV lt. vorliegendem Entwurf noch recht überschaubar ist.
Neu ist in dem Entwurf auch die Legaldefinitionen von „umweltbezogenen“ und „sozialen“ Kriterien, die in den Absätzen (2) und (3) des § 120 a GWB enthalten sind.
Auch Markterkundungen „sollen“ nunmehr ausdrücklich umweltbezogene, soziale und innovative Aspekte der Nachhaltigkeit umfassen (§ 20 Abs. 2 UVgO, § 28 Abs. 2 VgV).
Für Unterschwellenvergaben ist der neue § 22a UVgO relevant. Dieser ist inhaltlich weitestgehend identisch mit § 120 a GWB.
… und das Bundestariftreuegesetz?
§ 14 b Abs. 3 der UVgO enthält bereits einen Verweis auf das ebenfalls lang erwartete und noch in Abstimmung befindliche Bundestariftreuegesetz (BTTG). Wie auf der Website des BMWK zu lesen ist, bestehen u.a. zu diesem Verweis und der umgebenden Norm zur Wertgrenze für Direktaufträge noch unterschiedliche Ansichten zwischen den Ressorts. Der Referentenentwurf des BTTG wird zwar schon erörtert und diskutiert, ist aber im Gegensatz zum Referentenentwurf für das Vergabetransformationspaket noch nicht öffentlich einsehbar.
Wir werden Sie über beide Projekte weiterhin informieren und über die Pläne des Transformationspakets – v.a. zur Beschleunigung und Vereinfachung von Vergabeverfahren – in den nächsten Ausgaben weiter berichten.
Interessierte können sich über diesen -> Link den Zugriff auf Downloads der Entwürfe für das Transformationspaket verschaffen
Bis 1. November 2024 wurde vorab eine Länder- und Verbändeanhörung gestartet – obwohl der Entwurf innerhalb des Bundesregierung noch nicht (end-) abgestimmt ist. Alle Stellungnahmen sollen veröffentlicht werden.