Abfallgebühren – VG Lüneburg zur Gebührenerhebung bei zeitweise unbewohnten Grundstücken
[GGSC] hat einen niedersächsischen Abfallzweckverband erfolgreich in einem Gebührenrechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg vertreten (Urteil vom 30.01.2024, Az.: 3 A 21/20). Die Eigentümer eines Grundstückes hatten gegen die Erhebung von Abfallgebühren in einem Zeitraum geklagt, in dem sie das auf dem Grundstück befindliche Wohnhaus ihren Angaben zufolge renovieren mussten und ein Bewohnen nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich war. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zwei für die Veranlagungspraxis von örE bedeutsame Grundsätze bestätigt.
Zulässigkeit des Rückgriffs auf melderechtliche Daten, um das „Bewohntsein“ von Grundstücken festzustellen
Nach der Abfallbewirtschaftungssatzung des Zweckverbandes sind die Eigentümer bewohnter, gewerblich bzw. gemischt genutzter oder bebauter Grundstücke verpflichtet, ihre Grundstücke an die öffentliche Abfallentsorgung anzuschließen. Da in dem streitgegenständlichen Zeitraum vier Personen der Eigentümergemeinschaft mit Hauptwohnsitz auf dem Grundstück gemeldet waren, ging der Zweckverband von einem „Bewohntsein“ des Grundstückes aus und erhob Grund- und Mindestentleerungsgebühren.
Dem Verwaltungsgericht zufolge war dieses Vorgehen rechtmäßig. Es wies den Einwand der Kläger zurück, wonach die Frage, ob ein Grundstück bewohnt sei, nicht unter Rückgriff auf melderechtliche Daten, sondern ausschließlich anhand der tatsächlichen Nutzung des Grundstückes beantwortet werden dürfe.
Das Verwaltungsgericht führt aus, dass es im Massengeschäft der Abfallgebührenerhebung – zur Vermeidung unverhältnismäßigen Aufwandes und unverhältnismäßiger Kosten – grundsätzlich zulässig sei, von der melderechtlichen Erfassung einer Person auf das Bewohnen der entsprechenden Räumlichkeiten zu schließen. Machen Grundstückseigentümer geltend, ein anschlusspflichtiges Grundstück tatsächlich nicht mehr zu bewohnen, obliege es zunächst ihnen, ihren melderechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und der Meldebehörde innerhalb zweiwöchiger Frist eine neue Wohnung gemäß § 17 Abs. 1 BMG mitzuteilen.
Vermutung des Anfalls überlassungspflichtiger Abfälle auch bei zeitweise unbewohnten Grundstücken
Soweit auf einem anschlusspflichtigen Grundstück Personen mit Haupt-, aber auch mit Zweitwohnsitz gemeldet sind, greift dem Verwaltungsgericht Lüneburg zufolge die Vermutung, dass überlassungspflichtige Abfälle anfallen. Dies gelte auch in den Fällen, in denen ein Grundstück zeitweise nicht bewohnt wird bzw. nicht bewohnt werden kann (z.B. im Fall einer Renovierung des auf dem Grundstück befindlichen Wohnhauses).
Das Verwaltungsgericht betont zwar, dass eine nachträgliche Korrektur der Veranlagung im Einzelfall nicht ausgeschlossen ist, wenn die im Melderegister erfassten Daten ersichtlich falsch sind. Der Urteilsbegründung lässt sich gleichwohl entnehmen, dass an eine Widerlegung der Vermutung des Bewohntseins hohe Anforderungen zu stellen sind. „Wohnen“ umfasst dem Verwaltungsgericht zufolge „alles, was eine Räumlichkeit zum zentralen Aufenthaltsort einer Person macht“. Dass in einem renovierungsbedürftigen Haus keine Möglichkeit zum Waschen oder Kochen besteht bzw. nur einzelne Räume renovierungsbedürftig sind, führe für sich genommen aber noch nicht dazu, die Vermutung des Bewohntseins zu erschüttern. Die grundsätzliche Unbewohnbarkeit eines Hauses müsse im Prozess jedenfalls substantiiert dargelegt werden, was die Kläger in dem zu beurteilenden Fall nicht vermocht hatten.
Mit seinem Urteil bekräftigt das Verwaltungsgericht Lüneburg die gängige Veranlagungspraxis zahlreicher örE. Bei der Ausgestaltung des Satzungsrechts sollte aber darauf geachtet werden, dass insbesondere die der Gebührenbemessung zu Grunde liegenden Kriterien hinreichend klar und bestimmt formuliert sind.
[GGSC] steht örE bei der rechtssicheren Ausgestaltung von Abfallbewirtschaftungs- bzw. Abfallgebührensatzungen, aber auch bei der Vertretung in Gebührenstreitigkeiten gerne zur Seite.