Vom Bauvertrag mit Verbrauchern zum Verbraucherbauvertrag
Nicht jeder Bauvertrag mit Verbrauchern ist schon ein „Verbraucherbauvertrag“. Diese auf den ersten Blick spitzfindige Unterscheidung hat für die Baubeteiligten handfeste Konsequenzen. Was also unterscheidet diese und was gilt es hier zu beachten?
Der Fall
Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) lässt von einem Bauunternehmen zunächst den Rohbau für die Errichtung eines Bürogebäudes ausführen. Noch während der Erstellung des Rohbaus beauftragt die GbR das gleiche Bauunternehmen auch mit Estricharbeiten, Trockenbauarbeiten, Zimmereiarbeiten sowie verschiedenen Stundenlohnarbeiten.
In der Folge kommt es zu Streitigkeiten über Mängel- und Abrechnungsthemen, weshalb das Bauunternehmen die GbR auf Stellung einer Bauhandwerkersicherung verklagt.
Die Entscheidung
Das Gericht verurteilt die GbR zur Stellung der Bauhandwerkersicherung (BGH Urteil vom 26.10.2023 – VII ZR 25/23). Eine solche Sicherung in Höhe von 110 % der noch ausstehenden Vergütungsansprüche darf ein Auftragnehmer nur verlangen, wenn es sich nicht um einen „Verbraucherbauvertrag“ handelt. Das Gericht musste also entscheiden, ob die Parteien einen Verbraucherbauvertrag geschlossen haben. Ein solcher Vertrag liegt nur vor, wenn der Unternehmer von einem Verbraucher mit dem Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude beauftragt wurde.
Diese Voraussetzungen waren hier an sich erfüllt: Die GbR handelte als Verbraucherin und die Leistungen der Rohbau-, Estrich-, Trockenbau- und Zimmereiarbeiten sind umfangreich genug, um die Errichtung eines neuen Gebäudes anzunehmen. Aber: Da die Auftraggeberin das Bauunternehmen nicht zeitgleich, sondern sukzessive mit der Leistungserbringung beauftragte, handelt es sich nur um einen Bauvertrag mit einem Verbraucher (§ 312 BGB), nicht aber um einen Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB). Das Bauunternehmen konnte daher zu Recht eine Sicherheitsleistung für die offenen Werklohnansprüche verlangen.
Auswirkungen für die Praxis
Bauunternehmen sollten sich bewusst sein, dass für sie bei Abschluss eines Verbraucherbauvertrags besondere Pflichten gelten. Sie müssen ihre Auftraggeber vor Vertragsschluss mit einer Baubeschreibung detailliert über die Einzelheiten der Bauleistungen unterrichten sowie über den Fertigstellungszeitpunkt der Arbeiten. Darüber hinaus muss der Auftraggeber über sein Recht zum Widerruf des Vertrags innerhalb von 14 Tagen seit Vertragsschluss informiert werden, sofern der Vertrag nicht notariell beurkundet wurde. Schließlich hat der Auftragnehmer auch keinen Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung. Gegenüber anderen Verbrauchern, mit denen er zwar einen Bauvertrag, aber keinen Verbraucherbauvertrag geschlossen hat, steht ihm dieser Anspruch hingegen zu.
Aufgrund der weitreichenden Folgen lohnt es sich sowohl für Auftragnehmer als auch für Auftraggeber umso mehr, genau hinzusehen. Wurden wirklich alle Leistungen an das Bauunternehmen zur gleichen Zeit vergeben? Sind diese so umfangreich, dass sie als Bau eines neuen Gebäudes oder als erhebliche Umbaumaßnahme an einem bestehenden Gebäude zählen?
Schließlich gibt es aber auch eine Gemeinsamkeit bei Verbraucherbauverträgen und den „sonstigen“ Bauverträgen mit Verbrauchern: Hat der Auftragnehmer den Verbraucher nicht ordnungsgemäß über dessen Widerrufsrecht informiert, kann dieser für die Dauer von einem Jahr und 14 Tagen ohne Angabe von Gründen den Vertrag widerrufen. Je nach Art der ausgeführten Arbeiten kann das bedeuten, dass der Auftragnehmer einen Großteil oder sogar seinen vollständigen Werklohnanspruch einbüßt. Um Streitigkeiten über die Folgen des Widerrufs zu vermeiden, sollten Unternehmen ihre Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht ernst nehmen.