Chancen und Risiken des Bündnis für Wohnungsneubau
Am 20.06.2022 haben Vertreter des Senats, der Bezirke und verschiedener Akteure der Wohnungswirtschaft eine Vereinbarung mit dem Titel „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen in Berlin“ unterzeichnet.
Wir haben den Text ausgewertet und dabei u.a. zwei für die konkrete Rechtsberatung bei Grundstücksentwicklungen zentrale Festlegungen gefunden. Die darin enthaltenen Chancen und Risiken gilt es zu erfassen und zu bewerten.
Verdichtungspotentiale
Berlin geht mit dem Bündnis die Verpflichtung ein, „dafür (zu) sorgen, dass geeignete Verdichtungspotentiale in allen Stadtbezirken auch unter Anpassung des bestehenden Planungsrechtes (Bebauungsplanverfahren) und Ausschöpfung von Befreiungstatbeständen (gem. § 31 Abs. 2 und 3 BauGB) sowie unter Berücksichtigung der vorhandenen Bebauungsstrukturen in unbeplanten Ortsteilen (gem. § 34 BauGB) zügig mobilisiert werden.“
Es ist nach unseren Erfahrungen davon auszugehen, dass die Bezirksämter diese Verpflichtung weitgehend ignorieren. Das kann der mitunterzeichnende Senator für Stadtentwicklung und Wohnen jedoch nicht. Dementsprechend werden in Zukunft von uns Chancen darin gesehen, die Ablehnung entsprechender Bau- und Befreiungsanträge für Wohnungsbauvorhaben vermehrt im Widerspruchsverfahren zur Entscheidung der SenSBW zu stellen. Gerade im Zusammenhang mit § 31 Abs. 3 BauGB besteht ein weites Ermessen, das die SenSBW im Widerspruchsverfahren bei Beachtung der zitierten Verpflichtung eigentlich nur zu Gunsten von Wohnungsbauvorhaben ausüben kann.
Mietpreis- und belegungsgebundene Wohnungen
Alle Bebauungsplanvorhaben, die mehr als 50 Wohnungen betreffen, werden seit 2014 in Berlin im Rahmen des „Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung“ durchgeführt. Dieses Modell (gegenwärtige Fassung: 2019) wird nach der Vereinbarung „fortgeschrieben und weiterentwickelt.“ Dabei waren sich das Land Berlin und die Bündnispartner:innen jedoch einig, „dass es auch einer Quote an mietpreis- und belegungsgebundener Wohnungen des mittleren Preissegments bedarf. Daher wird das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung künftig für alle Vorhabenträger neben der bestehenden Quote des unteren Preissegments (bis 140 % der Einkommensgrenzen ...), von 30 % eine Quote für das mittlere Preissegement (bis 180 % der Einkommensgrenzen ...), von 20 % beinhalten.“
Diese Regelung kann allerdings erst „scharf“ gestellt werden, wenn es eine entsprechende Fördermöglichkeit im „mittleren Preissegment“ gibt. Dazu hat das Bündnis jedoch vereinbart, dass entsprechende Vorschläge bis Ende 2022 entwickelt und diskutiert sein sollen. Dementsprechend ist zu erwarten, dass spätestens zu diesem Zeitpunkt auch das Berliner Modell „weiterentwickelt“ wird. Das kann für die betroffenen Vorhabenträger, die gegenwärtig ihre Kalkulationen mit der 30-Prozent-Sozialwohnungsquote erstellen, zu erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen führen. Dieses Risiko ist zu beobachten und im Rahmen der im Berliner Modell generell geltenden „Angemessenheit“ sachgerecht zu begrenzen. Dafür steht [GGSC] im Rahmen seiner Beratungstätigkeit beim Abschluss entsprechender städtebaulicher Verträge zukünftig gern zur Verfügung.