Entschädigung für Netzabschaltungen 2.0
Mit den neuen Rechtsprechungsentscheidungen, insbesondere des BGH, sind Entschädigungszahlungen für Netzabschaltungen gem. § 15 EEG nach altem Recht jedenfalls dem Grunde nach geklärt. Das heißt zwar keineswegs, dass die Entschädigungen immer anstandslos gezahlt werden. Häufig gestaltet sich die Durchsetzung berechtigter Forderungen nicht zuletzt aufgrund der Wissensasymmetrie zu den Netzbetreibergesellschaften als zäh. Dennoch sind die Rechtsfragen für Netzabschaltungen auf Grundlage des EEG bis zum 30.09.2021 grundsätzlich klar konturiert (vgl. letzter Newsletter, Entschädigung für Netzabschaltungen - Rechtliche Klärung, aber holprige Umsetzung).
Neues Rechtsregime für Netzabschaltungen
Seit dem 01.10.2021 gilt für Netzabschaltungen nunmehr das Rechtsregime des EnWG. Danach werden auch entschädigungspflichtige Netzabschaltungen als netzbezogene Maßnahmen gem. § 13 Abs. 1 Nr. 1 EnWG eingestuft. Voraussetzung ist jetzt nicht mehr der Engpass als zentraler Begriff, sondern eine Gefährdung für die Zuverlässigkeit des Netzes.
Gem. § 13a Abs. 2 EnWG ist für solche Abschaltmaßnahmen ein angemessener finanzieller Ausgleich zu gewähren. Grundsätzlich ist dabei der Anlagenbetreiber weder besser noch schlechter zu stellen, als wenn die Anlage nicht abgeschaltet worden wäre.
Unabhängig von der am Rande ebenfalls interessanten Frage der Aufweichung des Einspeisevorrangs durch das neue Rechtsregime werden die Gefährdungsereignisse in § 13 Abs. 4 EnWG näher konkretisiert. Dabei sind „örtliche Ausfälle“ sowie das Erfordernis der „Haltung von Frequenz, Spannung oder Stabilität“ der Übertragungsnähe zentrale sicherheitstechnische Aspekte unabhängig von einem Netzengpass. Der „kurzfristige Netzengpass“ wird hier jedoch ebenfalls als Fallgruppe genannt.
Damit stellt sich zunächst die Frage, ob langfristige Netzengpässe anders zu behandeln sind. Im Zweifel sind sie ebenfalls oder sogar erst recht eine Gefährdung für die Zuverlässigkeit des Netzes. Ausgehend von der ggf. diskutablen Prämisse, dass der Netzengpassbegriff im EnWG der gleiche ist wie früher im EEG in § 15 f. könnte die Rechtsprechung des BGH auf diese Fälle also sehr wohl übertragbar sein.
Ob sich dieses Verständnis zunächst in der Praxis und dann vermutlich später vor Gericht durchsetzt, bleibt allerdings abzuwarten.