OLG Naumburg stärkt Entschädigungsaussichten für Netzabschaltungen
Seit der viel beachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2020 (Az. VIII ZR 27/19) sind Entschädigungszahlungen für vergangene Netzabschaltungen in einer Vielzahl von Verfahren noch umstritten.
Der BGH hatte in seiner Revisionsentscheidung konstatiert, dass es für die Beurteilung, ob ein gem. § 15 EEG entschädigungspflichtiger Netzengpass vorliege, nicht auf den Grund der Abschaltung (Netzausbau, Reparatur etc.) ankomme, sondern darauf, ob technisch ein Einspeiseengpass vorliege oder die Einspeisung technisch überhaupt nicht möglich sei. Dafür sei der jeweilige „betroffene Netzbereich“ in den Blick zu nehmen. Der Ausfall einer Zuleitung sei hiernach bspw. kein entschädigungspflichtiger Netzengpass.
Betroffener Netzbereich weit auszulegen
Offen ist nach der Entscheidung des BGH, wie der „betroffene Netzbereich“, der für die Frage maßgeblich ist, ob Engpass oder Unmöglichkeit vorliegt, im Einzelfall zu fassen ist. Hierzu hat das OLG Naumburg, an den der BGH in seiner Entscheidung zurückverwiesen hat, nunmehr wertvolle Hinweise gegeben.
Gegenstand der neuerlichen Entscheidung ist ein Umspannwerk mit zwei Sammelschienen-Blöcken und jeweils einem zugehörigen Trafo, die im Normalbetrieb unabhängig voneinander betrieben werden. Bei wartungsbedingter Abschaltung oder Ausfall eines Trafos besteht die Möglichkeit, die Blöcke miteinander zu verbinden, um die Versorgung bzw. Einspeisung über den anderen noch in Betrieb befindlichen Trafo zu ermöglichen (Notbetrieb durch Kupplung).
Der 7. Senat des OLG Naumburg hat nunmehr entschieden, dass jedenfalls dann ein Netzengpass vorliegt, wenn durch das Schließen der Kupplung die beiden Blöcke miteinander verbunden sind und daher die jeweils anliegenden Anlagen mit Spannung am Netz anliegen. Dann liegt insoweit ein einheitlicher, beide Sammelschienen umfassender Netzbereich vor.
Entschädigung für eine Vielzahl von Fällen
Dieses weite Verständnis des „betroffenen Netzbereichs“ ergibt sich systematisch und aus dem Zweck der gesetzlichen Regelungen zum Einspeisemanagement. Nach der OLG-Entscheidung gilt dies auch, wenn die Zusammenfassung nicht im Normalbetrieb, sondern im N-1 Notbetrieb vorliegt.
Auf Grundlage dieser Einordnung des „betroffenen Netzbereichs“ dürfte sich eine Vielzahl von Abschaltungen einzelner Blöcke von Umspannwerken, die über Kupplungen verbunden sind, im Nachhinein als entschädigungspflichtig erweisen.