Vorläufige Handlungsempfehlung des Landes Brandenburg für die Bauleitplanung der Gemeinden bei großflächigen Photovoltaik-Freiflächenanlagen
Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK) hat eine vorläufige Handlungsempfehlung zur Unterstützung kommunaler Entscheidungen für großflächige Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) veröffentlicht.
Das MLUK benennt in der Handlungsempfehlung Zustimmungs- und Ausschlusskriterien für die Errichtung von PV-FFA, welche den Kommunen im Rahmen der Bauleitplanung als Orientierung dienen sollen.
Ausgangssituation
Das MLUK stuft die Handlungsempfehlung nicht als rechtlich bindende Vorgabe ein. Das MLUK empfiehlt allerdings den Gemeinden, in der Handlungsempfehlung aufgeführte Positiv-, Abwägungs- und Ausschlusskriterien bei der Aufstellung von Flächennutzungs- und vor allem Bebauungsplänen (B-Plänen) als „methodische Leitidee“ heranzuziehen. Hintergrund ist, dass aktuell in Brandenburg – anders als bei der Windenergienutzung – für die Planung von PV-FFA überwiegend keine raum-ordnerische Steuerung für den Ausbau der Solarenergienutzung stattfindet (ausgenommen im Freiraumverbund gelegene Flächen). Gleichzeitig erhalten viele Gemeinden teilweise verschiedene Anfragen von Projektentwicklern und potentiellen Investoren, welche die Aufstellung von B-Plänen für die Errichtung von großflächigen PV-FFA initiieren möchten. In den Gemeinden besteht somit erheblicher Bedarf, Kriterien für die Aufstellung von B-Plänen zu erhalten. Insoweit stellt sich die Frage, ob die aufgestellten Kriterien den Gemeinden weiterhelfen können, gleichzeitig aber auch ein ausreichendes Flächenpotential belassen. Hintergrund ist hier, dass gerade in Brandenburg sehr große Flächen z.B. als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind.
Positiv festzuhalten bleibt, dass die Landesregierung Brandenburg den Ausbau der Photovoltaik insbesondere aus klimapolitischen Gründen sowie zur Sicherung der eigenständigen Eigenversorgung befürwortet. Die Landesregierung plant deshalb, im Rahmen der fortzuschreibenden Energiestrategie bzw. des Klimaplans voraussichtlich ein konkretes Ausbauziel für PV-Anlagen festzulegen. Als Grundlage dafür erarbeitet die Landesregierung eine Potentialanalyse für nutzbare Flächen sowohl auf Freiflächen als auch auf versiegelten und Dachflächen. Die Handlungsempfehlung soll dabei als vorläufiger Zwischenschritt den Zeitraum bis zur Festlegung wohl verbindlicher Kriterien überbrücken. Aus rechtlicher Sicht stellt sich sowohl für die Projektentwickler und Investoren als auch für die Gemeinden die Frage, welche Bedeutung die aufgestellten Kriterien für die Bauleitplanung, d.h. vor allem den Abwägungsvorgang entfalten kann. Herausfordernd bzw. sogar kritisch zu sehen ist allerdings der generelle Ausschluss von PV-FFA in Schutzgebieten.
Vorgeschlagene Auswahl- und Gestaltungskriterien
PV-FFA sind – anders als Windenergieanlagen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB – keine baurechtlich privilegierten Anlagen im Außenbereich. Die Realisierung setzt daher regelmäßig die Existenz oder Entwicklung eines B-Planes voraus. Den Kommunen obliegt somit die Verantwortung zu entscheiden, wo großflächige PV-Anlagen entstehen können und wie diese im Detail ausgestaltet sind. Gleichzeitig ergeben sich nicht selten innerhalb einer Gemeinde Flächenkonkurrenzen.
Das MLUK schlägt vor diesem Hintergrund für die grundsätzliche Entscheidung über die Einleitung und/oder Fortführung eines Bauleitplanverfahrens für PV-FFA bestimmte Positiv-, Abwägungs- und Ausschlusskriterien vor. Daneben schlägt das MLUK nach der grundsätzlich positiven Entscheidung für einen Standort verschiedene Aspekte vor, welche die konkrete Ausgestaltung eines Vorhabens prägen und vor allem ökologisch nachteilige Auswirkungen von PV-FFA möglichst minimieren sollen.
Positivkriterien beschreiben Eigenschaften von Flächen, auf denen bevorzugt PV-FFA errichtet werden sollen wie z.B. Flächen mit hohem Versiegelungsgrad, Flächen mit erheblich beeinträchtigten Lebensraumfunktionen z.B. durch Lärm oder Zerschneidung, Flächen mit durch technische Einrichtungen stark überprägtem Landschaftsbild wie Leitungstrassen oder Verkehrswegen sowie militärische oder wirtschaftliche Konversionsflächen, letztere allerdings nur, soweit diese nicht naturschutzfachlich wertvoll oder naturschutzrechtlich gesichert sind.
Ausschlusskriterien sollen Naturschutzgebiete, FFH Gebiete, Europäische Vogelschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete oder nach § 30 BNatSchG, d.h. als geschützte Biotope eingestufte Gebiete sein. Das MLUK empfiehlt insoweit davon auszugehen, dass PV-FFA in diesen Schutzgebieten generell ausgeschlossen sein sollen, weil diese mit dem Schutzzweck nicht übereinstimmen können.
Eine dritte Kategorie sollen Kriterien für eine „einzelfallbezogene Bewertung“ sein. Hier geht das MLUK davon aus, dass für bestimmte Flächen die Bewertung in Abhängigkeit von der konkreten Situation unterschiedlich bewertet werden können; mithin sowohl für (eine weitere) Planung geeignet als auch ungeeignet sein können.
Fällt die grundsätzliche Entscheidung für einen Standort positiv aus, sollen Kriterien für eine anlagen- und betriebsbezogene Ausgestaltung des Projektes eine ökologische Verträglichkeit von PV-FFA sicherstellen. Das MLUK zählt darunter z.B. die Extensivierung zuvor intensiv genutzter landwirtschaftlicher Flächen, die Durchführung von Pflanzmaßnahmen wie Hecken zur Einbindung der PV-FFA in das Landschaftsbild, die Begrenzung von einzelnen Anlagen auf maximal 200 ha bei möglichst gleichzeitiger Segmentierung der Modulflächen, insgesamt geringer Versiegelungsgrad von 5%, umfangreiche Maßnahmen, um die Beeinträchtigung geschützter Arten zu verhindern und vorhandene Bestände sogar zu erhöhen.
Bewertung/Fazit
Grundsätzlich ist die Vorgabe von Auswahl- und Ausgestaltungskriterien für die Realisierung von PV-FFA bzw. die Einleitung und Durchführung von Bauleitplanverfahren zu begrüßen. Soweit diese praxistauglich sind – was für die einzelnen Kriterien jeweils zu prüfen ist – können diese sowohl Projektentwicklern als auch den Gemeinden eine bessere Orientierung bieten.
Besonders hilfreich können dabei die erwähnten Positivkriterien sein. Kritisch zu sehen sind allerdings die Ausschlusskriterien. Sicher steht gerade die Realisierungsfähigkeit und damit Planung von großflächigen PV-FFA auf in Naturschutzgebieten oder NATURA-2000-Gebieten unter einem besonderen Prüfvorbehalt. Ein genereller Ausschluss von PV-FFA in Landschaftsschutzgebieten oder auf als geschützte Biotope einzustufenden Flächen wird jedoch dem Maßstab einer für den Einzelfall festzustellenden Verträglichkeit mit den Schutzzielen nicht gerecht. Dies gilt vor allem deshalb, weil in einzelnen Landkreisen sehr große Flächen als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen sind. Immer wieder lässt sich gerade bei noch zu DDR-Zeiten ausgewiesenen Schutzgebieten der Schutzzweck nicht mehr herleiten oder rechtfertigen. Ein genereller Ausschluss der genannten Schutzgebiete stimmt mit der vom MLUK vorgesehenen und jeweils auch durch eine planende Gemeinde vorzunehmenden Einzelfallprüfung nicht überein. So können gerade Landschaftsschutzgebiete durch intensive landwirtschaftliche Nutzung und technische Einrichtungen wie z.B. Hochspannungsleitungen und/oder Auto- oder Schienenbahnen erheblich vorgeprägt sein. Gerade eine Realisierung von PV-FFA mit einem besonders auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmten und im Einzelfall zu entwickelnden Rekultivierungskonzept kann die Bodenverhältnisse und damit die ökologischen Standortbedingungen auf landwirtschaftlich genutzten Flächen langfristig betrachtet sogar verbessern.
Gemessen daran müssten die Gemeinden dann allerdings eine Einzelfallprüfung auch für in Schutzgebieten gelegene Flächen durchführen. Andernfalls lässt sich nicht ausschließen, dass das MLUK die planenden Gemeinden mit derart starren Ausschlusskriterien einem größeren Risiko aussetzt, dass die Gemeinde Abwägungsfehler produziert.
Die zu erwartende Anwendung und Umsetzung der Handlungsempfehlung dürfte somit die Anforderungen an die Entscheidung über und die Durchführung von Bauleitplanverfahren für die Gemeinden teilweise sogar erschweren. Für die Projektentwickler steigen die Anforderungen, Flächen auszuwählen, auf denen sich PV-FFA weiterhin mit
einer gewissen Planungssicherheit werden realisieren lassen.