Newsletter HOAI Februar 2019

Der Planer als „Sachwalter“ – Auswirkungen auf die Rechnungsprüfung

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind Architekten sogenannte „Sachwalter“ des Bauherrn, die in einer besonderen Vertrauens- und Nähebeziehung zum Auftraggeber stehen. Aus dieser Stellung folgt ein ganzer Katalog an Pflichten, u. a. auch bei der Rechnungsprüfung.

Sachwalterpflichten als ungeschriebenes Recht

Anders als die konkreten Leistungspflichten, die in der HOAI beschrieben sind, handelt es sich bei den Sachwalterpflichten um ungeschriebene Schutzpflichten. Dies macht es nicht gerade einfach: Denn anders als bei den im Vertrag oder der HOAI beschriebenen Leistungspflichten handelt es sich hier um von der Rechtsprechung entwickelte Pflichten, die man schlicht und ergreifend kennen muss. So treten etwa zu der im Rahmen der Leistungsphase 8 geschuldeten Mitwirkung an der Abnahme (Leistungspflicht) nach der Rechtsprechung diverse Sachwalterpflichten: so muss der Architekt z.B. über die rechtlichen Wirkungen der Abnahme aufklären, den Bauherrn auf die Notwendigkeit eines Mangelvorbehalts hinweisen und ihn über damit zusammenhängende Gewährleistungsansprüche aufklären sowie ihm erläutern, dass eine etwaig vereinbarte Vertragsstrafe zwingend bei der Abnahme vorbehalten werden muss. Unterbleibt eine solche Beratung und gehen dem Bauherrn dadurch Rechte verloren, kann dies zu einer Haftung des Architekten führen.

Sachwalterstellung und Rechnungsprüfung

Auch bei der Rechnungsprüfung hat ein Architekt ein wahres Füllhorn von Sachwalterpflichten zu beachten. Die meisten davon gehören zum Architektenalltag und sollen hier deshalb nicht weiter vertieft werden. Was aber, wenn ein Bauunternehmer in einer Rechnung einzelne Positionen vergessen oder „unterbepreist“ hat? Müssen diese Positionen bei der Rechnungsprüfung „nach oben“ zu Lasten des Auftraggebers korrigiert werden? Nein! Der Architekt als Sachwalter ist als Interessenvertreter und einzig und allein dem Bauherrn verpflichtet; so jedenfalls die einhellige Auffassung in der Fachliteratur. Nur dem Bauherrn schuldet er eine ordnungsgemäße Rechnungsprüfung und den Schutz vor vermeidbaren Vermögenseinbußen. Korrigiert der Architekt die Rechnung eigenmächtig nach oben und zahlt der Bauherr deshalb mehr als ursprünglich vom Unternehmer verlangt, haftet der Architekt auf die Differenz.

Praxisempfehlung

Sollte im Rahmen der Rechnungsprüfung auffallen, dass einem Bauunternehmer Fehler zu Gunsten des Auftraggebers unterlaufen sind, darf man den Unternehmer hierauf nicht eigenmächtig hinweisen oder die Rechnung „hochprüfen“. Vielmehr sollte man den Auftraggeber auf die fraglichen Positionen hinweisen und erläutern, dass dem Bauunternehmer grundsätzlich mehr zusteht. Wie sich der Bauherr anschließend verhält, ist dann seine eigene Entscheidung.

Weitere Artikel des Newsletters

Im Dezember 2018 wurde – wie den meisten Lesern vermutlich bekannt sein wird – die neue DIN 276 herausgegeben.
weiter
Was sind die Konsequenzen, wenn das vereinbarte Budget überschritten und damit die Beschaffenheitsvereinbarung nicht eingehalten werden kann? Auch hierzu hat sich in der Rechtsprechung der jüngeren Zeit eine Menge getan:
weiter