Newsletter Vergabe Februar 2025

Die Gesamtvergabe einer Planungs- und Bauleistung

Möchte ein öffentlicher Auftraggeber eine aus unterschiedlichen Teilleistungen bestehende Leistung vergeben, erscheint eine „Lösung aus einer Hand“ oftmals sehr verlockend – vergaberechtlich zulässig ist sie allerdings nur unter engen Voraussetzungen. Das verkannte jüngst ein Auftraggeber, der die Planung und den Bau von Feuerwehrhäusern für Freiwillige Feuerwehren in einem Gesamtlos vergeben wollte (OLG Rostock, Beschluss vom 10.01.2025, Az.: 17 Verg 4/24).

Mittelstandsschutz

Nach § 97 Abs. 4 GWB sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge mittelständische Interessen vornehmlich zu berücksichtigen. Um den geringeren Kapazitäten mittelständischer Unternehmen gerecht zu werden, sind Leistungen daher grundsätzlich in Losen zu vergeben. Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern.

Voraussetzungen Gesamtvergabe

Das OLG Rostock stellt in seinem Beschluss klar, dass dieses Regel-Ausnahmeverhältnis nicht bedeutet, dass eine Gesamtvergabe überhaupt nur bei Vorliegen eines objektiv zwingenden Grundes erfolgen darf. Erforderlich ist aber, dass sich der Auftraggeber dezidiert mit den gegen eine Losvergabe sprechenden Gründen auseinandersetzt und seine umfassende Abwägung der widerstreitenden Belange ergibt, dass die für eine Gesamtvergabe sprechenden technischen und wirtschaftlichen Gründe überwiegen.

Bei der Prognose der Vor- und Nachteile der Losvergabe, deren Gewichtung und der Abwägung steht dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum zu, so dass die Entscheidung des Auftraggebers von den Vergabe-nachprüfungsinstanzen nur darauf überprüft werden darf, ob sie auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung und nicht auf einer Fehlbeurteilung, namentlich auf Willkür, beruht.

Gesamtvergabe unzulässig

Im Fall des OLG Rostock hatte der Auftraggeber als Grund für die Gesamtvergabe von Planung und Bau der Feuerwehrhäuser angeführt, dass er sein Beschaffungsziel bei getrennter Vergabe nicht erreichen könne. Dem ist das Gericht entgegengetreten. Das Vorhaben sei nicht derart komplex, dass eine Losaufteilung mit ernsthaften Risiken für die Sicherheit oder Funktionsbeeinträchtigungen einhergehe.

Ein erhöhter Koordinierungsaufwand und die sich daraus ergebenden Mehrkosten können in der Abwägung nur begrenzt Berücksichtigung finden, da sie einer Losaufteilung immanent sind. Etwaigen Friktionen zwischen den Losen kann ausreichend durch eine sukzessive Vergabe begegnet werden. Dadurch kann auch verhindert werden, dass das planende Unternehmen seine Leistung so erbringt, dass es die Planung später nur noch selbst umsetzen kann, mithin als einziger Auftragnehmer in Betracht kommt und daher hohe Preise fordern kann.

Gesamtvergabe in der Praxis

[GGSC] betreut regelmäßig Projekte, in denen sich die Frage einer Gesamtvergabe stellt, aktuell beispielsweise zu einem gewerblichen Standortausbau, bei dem neben Gebäuden auch ein Solarpark für eigene E-Fahrzeuge entstehen soll. Entsprechend stehen hier neben Bau- auch Energieplanungsleistungen an.

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