Klimaschutzklage gegen Deponiebetreiber denkbar?
Weltweit mehren sich Klimaschutzklagen, die teils erfolgreich sind. Ist es denkbar, dass auch Betreiber von Deponien (z. B. örE) wegen der Emission von klimawirksamen Deponiegasen einer aussichtsreichen Klimaschutzklage eines Umweltverbandes ausgesetzt sein könnten? In Betracht kommen insbesondere Fälle, in denen die Deponieentgasung nicht dem Stand der Technik entspricht oder die Oberflächenabdichtung der Deponie nicht unverzüglich aufgebracht wird.
Aktuelle erfolgreiche Klimaschutzklagen
Im März verpflichtete das Bundesverfassungsgericht bekanntlich den Bundesgesetzgeber, das verabschiedete Klimaschutzgesetz nachzubessern und schon jetzt für den Zeitraum ab 2030 konkrete CO2-Minderungsziele festzulegen (BVerfG, Beschl. v. 24.03.2021 - 1 BvR 2656/18). Im Mai verurteilte das Bezirksgericht Den Haag Royal Dutch Shell, die CO2-Emissionen des Konzerns bis 2030 um 45% gegenüber dem Stand von 2019 zu reduzieren (Urt. v. 26.0.5.2021 - C/09/571932 / HA ZA 19-379).
Verbandsklagen auf behördliches Einschreiten
Verletzt ein Deponiebetreiber umwelt- und klimabezogene Betreiberpflichten, so kann ein anerkannter Umweltverband nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz (UmwRG) verlangen, dass Behörden die Betreiberpflicht durchsetzen und Pflichtverletzungen unterbinden.
Maßnahmen, die Gegenstand einer Verbandsklage sein können, sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 UmwRG u. a. Verwaltungsakte über Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Zulassungsentscheidungen. Die hier relevanten Betreiberpflichten betreffen die Deponieentgasung nach dem Stand der Technik (insbesondere nach Anh. 5 Nr. 7 DepV) und zum unverzüglichen Aufbringen der Oberflächenabdichtung nach dem Ende der Ablagerungsphase (§ 10 Abs 1 Nr. 1 DepV). Solche Betreiberpflichten sind jedenfalls bei Bedarf mit Verwaltungsakten im Sinne der Verbandsklagebefugnis durchzusetzen (Rechtsgrundlagen: §§ 39, 62 KrWG, § 22 DepV), zumal dies der Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für den Deponiebetrieb dient.
Fazit
Zurzeit fokussieren sich Umweltverbände mit ihren Klimaschutzklagen (noch) auf die staatliche Gesetzgebung und transnationale Unternehmen mit hohem CO2-Ausstoß. Die Abfallwirtschaft ist jedoch auch vor dem Hintergrund der Klimaschutzklagen gut beraten, ihren Beitrag zum Klimawandel zu reduzieren. Vermeidbare Deponiegasemissionen könnten durchaus ein Anlass für eine „Musterklage“ sein, die beispielhaft einen Fall öffentlichkeitswirksam aufgreift. Wie dargelegt, hätte eine solche Klimaschutzklage im Falle einer Betreiberpflichtverletzung durchaus Aussicht auf Erfolg.