Schutz der Gewässer durch technische und bauliche Sicherheitseinrichtungen in Anlagen der Abfallbewirtschaftung
In den vorausgegangenen Ausgaben unseres Newsletters hatten wir die Praxisprobleme allgemein im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in der Abfallbewirtschaftung sowie speziell bei der Einstufung von Abfällen beleuchtet.
Im vorliegenden Beitrag befassen wir uns näher mit den baulichen und technischen Anforderungen der AwSV an Anlagen zur Abfallbewirtschaftung.
Systematik der primären und sekundären Anlagensicherheit
Die AwSV geht hinsichtlich der Beschaffenheit von Anlagen im Grundsatz von einer zweistufigen Sicherheitsbarriere aus.
Die Anlagenteile der primären Sicherheit sind technische Einrichtungen, die bestimmungsgemäß wassergefährdende Stoffe umschließen. Sie müssen so beschaffen sein, dass wassergefährdende Stoffe nicht austreten können, d.h. sie müssen dicht, standsicher und gegen die zu erwartenden physikalischen, z. B. mechanischen und thermischen, sowie chemischen Einflüsse hinreichend widerstandsfähig sein. Etwaige Undichtheiten müssen schnell und zuverlässig erkennbar sein.
Die Anlagenteile der sekundären Sicherheit sind technische Einrichtungen, die dazu dienen, aus undicht gewordenen Anlagenteilen der primären Sicherheit austretende wassergefährdende Stoffe, betriebsbedingt auftretende Spritz- und Tropfverluste sowie bei einer Betriebsstörung anfallende Gemische, die ausgetretene wassergefährdende Stoffe enthalten können, zurückzuhalten. Hierzu können Auffangräume, ‑wannen, ‑tassen, ‑vorrichtungen, Rohrleitungen, Schutzrohre, Behälter oder Flächen, in oder auf denen Stoffe zurückgehalten oder in oder auf denen Stoffe abgeleitet werden, verwendet werden. Rückhalteeinrichtungen müssen flüssigkeitsundurchlässig sein und je nach Art der Anlage sowie Aggregatzustand der wassergefährdenden Stoffe ein bestimmtes Rückhaltevolumen aufweisen. Zurückgehaltene Stoff(gemisch)e und grds. auch etwaig angefallenes, mit wassergefährdenden Stoffen verunreinigte Niederschlagswasser sind ordnungsgemäß als Abfall zu entsorgen oder als Abwasser zu beseitigen.
Beachtung der technischen Regeln der DWA
Die technischen und baulichen Anforderungen an die Anlagenteile der primären sowie der sekundären Sicherheit ergeben sich zum einen aus der AwSV an sich. Zum andere werden sie konkretisiert durch das Arbeitsblatt der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) Nr. 779 „Technische Regel wassergefährdende Stoffe (TRwS), Allgemeine Technische Regelungen“ (TRwS 779).
Die technischen Regeln der DWA geben die allgemein anerkannten Regeln der Technik wieder. Sie enthalten Prinzipien und Lösungen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich bei der Mehrheit der Praktiker durchgesetzt haben. Die Nichteinhaltung stellt eine bußgeldbewährte Ordnungswidrigkeit sowie einen Verstoß gegen zivilrechtliche Sorgfaltspflichten und damit ein Verschulden des Anlagenbetreibers bei Schadensersatzansprüchen Dritter dar.
Praxisprobleme bei der Einrichtung einer Löschwasserrückhaltung
Insbesondere zurückgehalten werden müssen gemäß § 20 AwSV die bei Brandereignissen austretenden wassergefährdenden Stoffe, Lösch-, Berieselungs- und Kühlwasser sowie die entstehenden Verbrennungsprodukte mit wassergefährdenden Eigenschaften. Rückhaltemaßnahmen können z. B. Havariebecken, Abwasseranlagen, Sperren, Barrieren, Klappen u.ä. sein, mit denen automatisch oder manuell ein Rückhalteraum
geschaffen werden kann.
Die Anforderungen an die Löschwasserrückhaltung bergen für den Anlagenbetreiber erhebliche Rechtsunsicherheit. Die AwSV enthält keine nähere Konkretisierung. Die TRwS geht zwar in Ziff. 8.2 davon aus, dass für bestimmte Arten von Anlagen im Einzelfall eine Löschwasserrückhaltung nicht erforderlich sein kann und dass das Rückhaltevolumen nach konkreten Parametern zu berechnen ist, verweist hierzu jedoch auf die Löschwasserrückhalterichtlinie (LöRüRL). Die LöRüRL von 1992 wurde indes zum 01.01.2020 außer Kraft gesetzt, weil sie nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entspricht. Doch bereits zuvor bestand eine
Regelungslücke für solche Anlagen, die nicht in den Anwendungsbereich der LöRüRL fielen und dennoch Umweltschäden durch Brandfolgeprodukte oder durch Löschmittel hätten herbeiführen können. Ebenso ist durch die unterschiedlichen Handhabungen in den Bundesländern eine Zersplitterung der Rechtslage zu verzeichnen, die insbesondere Unternehmen mit mehreren Standorten in verschiedenen Bundesländern trifft.
Nicht verwunderlich ist es daher, dass sowohl von Behörden als auch von Seiten der Wirtschaft die bestehenden Regelungen zur Löschwasserrückhaltung als unzureichend empfunden werden, mit der Folge, dass es im Rahmen von Zulassungsverfahren zu unterschiedlichen Interpretationen und Zeitverzögerungen kommt.
Aus diesem Grund befinden sich derzeit die AwSV und die TRwS 779 in Überarbeitung. Der aktuelle Entwurf der überarbeiteten AwSV sieht bspw. für die genaue Berechnung des Volumens für die Löschwasserrückhaltung nunmehr einen neuen Anhang 2a vor.
Solange beide Regelwerke noch nicht in Kraft getreten sind, kann die LöRüRL zumindest als Orientierung weiter herangezogen werden. Ebenso haben einige Bundesländer Empfehlungen herausgegeben. Parallel dazu existieren Leitfäden diverser Verbände, die der Anlagenbetreiber heranziehen kann.
In unserer nächsten Newsletter-Ausgabe werden wir uns näher mit den Anforderungen der AwSV und der TRwS 779 an Lagerflächen beschäftigen. Auch werden wir Sie über den Fortgang der Überarbeitung der AwSV auf dem Laufenden halten.
[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Anlagenzulassungsrechts.