Die Novelle der Bioabfallverordnung biegt auf die Zielgerade ein
In der März-Ausgabe unseres Newsletters hatten wir den damaligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung der Bioabfallverordnung dargestellt und die wichtigsten Neuerungen näher beleuchtet. Zwischenzeitlich wurde der Verordnungsentwurf überarbeitet und zumindest ein Teil der Kritik der Länder und Wirtschaftsverbände berücksichtigt. Die Bundesregierung hat den Entwurf am 22.09.2021 im Kabinett beschlossen.
Nachfolgend stellen wir die wesentlichsten Änderungen gegenüber dem vorangegangenen Referentenentwurf dar.
Sortenreinheit der angelieferten Bioabfälle
Die Wirtschaftsverbände hatten maßgeblich beanstandet, dass die Neuregelungen zur Sicherung der Qualität der Bioabfälle einseitig zu Lasten der Betreiber von Behandlungsanlagen ausgestaltet seien. Vielmehr müssten auch die Erzeuger sowie Einsammler ihren Teil zur Sortenreinheit der angelieferten Bioabfälle beitragen.
Nunmehr wurde der § 2a des Verordnungsentwurfes um einen neuen Absatz 1 erweitert, der die Entsorgungsträger, Erzeuger und Besitzer in die Pflicht nimmt, Bioabfälle zu liefern, von denen anzunehmen ist, dass sie die nach dieser Vorschrift gebotene Sortenreinheit hinsichtlich der Kunststoffe aufweisen. Hiervon kann mit Vereinbarung abgewichen werden, wenn die Einhaltung der Kontrollwerte gewährleistet ist.
Ein Verstoß gegen Absatz 1 ist allerdings nicht sanktionsbewehrt. Zudem wurden keine Maßnahmen festgelegt, mittels derer der Anlieferer im Vorfeld die Sortenreinheit zu gewährleisten hat.
Rückweisungsrecht bei festen Haushaltsabfällen
Ebenfalls kritisiert hatten die Wirtschaftsverbände, dass im Referentenentwurf nicht ausdrücklich ein Recht des Betreibers von Behandlungsanlagen vorgesehen war, hochgradig verunreinigte Bioabfallanlieferungen zurückzuweisen.
Eines solches Rückweisungsrecht wurde jetzt in § 2a Abs. 4 eingefügt, allerdings nur für Bioabfälle und Materialien in fester Form aus der getrennten Sammlung von privaten Haushaltungen und des angeschlossenen Kleingewerbes, und zwar dann, wenn sich bei der Sichtkontrolle Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein Fremdstoffanteil von 3 % bezogen auf die Frischmasse des Materials überschritten wird. Nicht definiert ist, was unter einem „Anlieferer“ zu verstehen ist. Dies dürfte in der Praxis v.a. dann zu Rechtsunsicherheit führen, wenn mehrere Akteure entlang der Beförderungskette, insb. Umschlaganlagen, eingesetzt werden.
Anpassung der Kontrollwerte
Die im Referentenentwurf festgelegten Kontrollwerte wurden von den Wirtschaftsverbänden als technisch nicht umsetzbar moniert. Nunmehr wurden in § 2a Abs. 3 des Verordnungsentwurfes die Kontrollwerte überarbeitet.
Zunächst ist nicht mehr der Anteil an den Fremdstoffen Glas, Metalle und Kunststoffe entscheidend, sondern der Anteil an Gesamtkunststoffen. Hierunter fallen sowohl plastisch verformbare als auch „harte“ Kunststoffe.
Des Weiteren wird bei der Bestimmung der Kontrollwerte nicht mehr zwischen Nass-Behandlung und Trocken-Behandlung unterschieden, sondern zwischen flüssiger, schlammiger, pastöser Form und fester Form. Die Kontrollwerte wurden wie folgt festgelegt:
• bei Bioabfällen und Materialien in flüssiger, schlammiger und pastöser Form: 0,5 % TM bei > 2 mm
• bei verpackten Bioabfällen und Materialien, insbesondere bei verpackten Lebensmittelabfällen: 0,5 % TM bei > 2 mm
• bei Bioabfällen und Materialien in fester Form: 0,5 % FM bei > 20 mm
• bei Bioabfällen und Materialien in fester Form aus der getrennten Sammlung von privaten Haushaltungen und des angeschlossenen Kleingewerbes: 1,0 % FM bei > 20 mm
Die zur Einhaltung der Kontrollwerte ggf. vorzunehmende Fremdstoffentfrachtung wurde zudem um eine gesonderte Verpackungsentfrachtung erweitert. Übernommene verpackte Bioabfälle und Materialien, insbesondere verpackte Lebensmittelabfälle, sind außerdem von anderen Bioabfällen und Materialien getrennt zu halten.
Behördliche Untersagung der Abfallannahme
In § 2a Abs. 5 des Verordnungsentwurfs wurde ferner ergänzt, dass die zuständige Behörde in dem Fall, dass aufgrund eines hohen Fremdstoffanteils in übernommenen Bioabfällen und Materialien der maßgebliche Kontrollwert nach durchgeführter Fremdstoffentfrachtung wiederholt bei Untersuchungen überschritten wird, die Annahme dieser Bioabfälle und Materialien gegenüber dem Betreiber der Behandlungsanlage untersagen kann.
Anpassung der Fremdstoffgrenzwerte im aufzubringenden Material an die DüMV
In § 4 Abs. 4 des Verordnungsentwurfs wurden ferner die Fremdstoffgrenzwerte im aufzubringenden Material an die Düngemittelverordnung angepasst:
• bei plastisch verformbaren Kunststoffen: 0,1 % TM bei > 1 mm
• bei sonstigen Fremdstoffen, insbesondere Glas, Metalle und plastisch nicht verformbare Kunststoffe: 0,4 % TM bei > 1 mm
Gestaltungsvorgaben für zugelassene biologisch abbaubare Kunststoff-Sammelbeutel
Der bisherige Anhang 5 des Referentenentwurfs hatte zunächst keine näheren Angaben enthalten. Nunmehr wurden dort Vorgaben zur Kennzeichnung von biologisch
abbaubaren Kunststoff-Sammelbeuteln aus der getrennten Sammlung von Bioabfällen aufgenommen. Es wurde eine auffällige Gestaltung der zugelassenen Beutel festgelegt, damit alle anderen nicht zugelassenen Beutel für die verarbeitenden Akteure besser als Fehlwurf erkennbar sind. Zudem wurde das Logo eines Keimlings als eingetragenes Markenzeichen eingeführt.
Weiterer Verfahrensgang
Die Bundesregierung hat den Verordnungsentwurf am 15.09.2021 zur Notifizierung bei der EU-Kommission eingereicht. Nach Beendigung der Stillhaltefrist des Notifizierungsverfahrens am 16.12.2021 muss noch der Bundesrat zustimmen. Das BMU rechnet mit einer Beschlussfassung des Bundesrates und Veröffentlichung der novellierten Bioabfallverordnung im Frühjahr 2022. Die Pflichten des § 2a würden dann 3 Jahre nach Verkündung in Kraft treten, die Kennzeichnungspflicht für biologisch abbaubare Kunststoff Sammelbeutel gemäß Anhang 5 nach 18 Monaten und alle übrigen Regelungen nach einem Jahr.
Über den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung der Bioabfallverordnung werden wir Sie auf dem Laufenden halten.
[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen des Abfall- und Anlagenzulassungsrechts.