Gebührenbescheide Digital
Unter welchen Bedingungen darf der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) Abfallgebührenbescheide in elektronischer Form erlassen? Viele örE beschäftigt derzeit diese Frage. Die Verwaltungen erhoffen sich Arbeitserleichterungen und Zeitersparnis. Zugleich bietet der elektronische Abfallgebührenbescheid einen zusätzlichen Service für die Bürgerinnen und Bürger. Bei dessen Einführung stellen sich allerdings eine Reihe von technischen und rechtlichen Fragen.
Was ist der rechtliche Rahmen?
Bei Abfallgebührenbescheiden handelt es sich um Abgabenbescheide. In der Regel verweisen die Kommunalabgabengesetze der Länder daher auf die Abgabenordnung des Bundes (AO), um den Rechtsrahmen für den Erlass der Bescheide festzulegen (z.B. § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) KAG NRW). Die Verwaltungsverfahrensgesetze bleiben dabei außen vor. Die AO enthält in §§ 87a und 122a Vorschriften dazu, wie Abgabenbescheide elektronisch zu erlassen und dem Abgabenschuldner gegenüber bekanntzugeben sind.
Das Gesetz sieht eine Bekanntgabe durch direkte Zusendung (z.B. per E-Mail) oder eine Bekanntgabe durch Bereitstellung zum Datenabruf vor. Letzteres bedeutet, dass der örE auf einem zugangsgeschützten Online-Portal die Bescheide – vorzugsweise – als PDF-Datei ablegt und per E-Mail den Gebührenschuldner über die Bereitstellung informiert. Im Anschluss kann die Datei abgerufen werden.
Die AO enthält für den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids sog. Fiktionen. Am dritten Tag nach Absendung des Bescheids bzw. am dritten Tag nach Absendung der Benachrichtigung über die Bereitstellung gilt der Zugang und damit die Bekanntgabe als bewirkt. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an. Streitfälle über den Zugang sind dabei vorgezeichnet, wozu die AO auch Sonderregelungen bereithält. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe ist maßgebend für die Bestimmung der Bestandskraft bzw. die Auslösung von Rechtsbehelfsfristen.
Wie sind die Verfahren auszugestalten?
Abgabenbescheide enthalten sensible Daten, die es vor dem Zugriff unberechtigter Dritter zu schützen gilt. Zugleich muss sichergestellt werden, dass der Bescheid auch tatsächlich den Adressaten erreicht. Die AO schreibt vor, dass unabhängig von der Art der Bekanntmachung (d.h. direkte Übermittlung oder durch Bereitstellung zum Datenabruf) ein „sicheres Verfahren“ zu wählen ist. Bei einer Direktübermittlung ist das regelmäßig erfüllt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine De-Mail verwendet wird. Zwar sind das begrüßenswert hohe Sicherheitsanforderungen, die Massentauglichkeit stellt dies jedoch in Frage.
Beim Datenabrufverfahren definiert der Gesetzgeber nicht näher, was ein sicheres Verfahren ist. Ein SSL-Zertifikat dürfte den Anforderungen allerdings genügen. Des Weiteren ist die Authentisierung der abrufberechtigten Person vorgeschrieben. Das kann wiederum mithilfe der elektronischen Personalausweisfunktion erfolgen. Andere Möglichkeiten erscheinen indes nicht ausgeschlossen.
Was es noch zu beachten gilt?
Daneben sind weitere Punkte beim Erlass von elektronischen Abfallgebührenbescheiden zu beachten. Von besonderer Wichtigkeit ist dabei, dass die Einführung des elektronischen Bescheids der ausdrücklichen Einwilligung durch die betroffenen Gebührenschuldner bedarf.
Weiterhin wäre zu klären, wie die Bekanntgabe gegenüber Gesamtschuldnern erfolgen soll (gemeinsames Online-Konto zum Abruf für alle Gebührenschuldner oder individuelle Konten, Einholung von Empfangsbevollmächtigungen etc.?). Empfehlenswert ist auch, die Möglichkeit des Erlasses von elektronischen Gebührenbescheiden in die Abfallgebührensatzung aufzunehmen. Teilweise ist dies in den Kommunalabgabengesetzen der Länder bereits angelegt. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Widerspruchsbescheide nicht auf der Abgabenordnung beruhen und insoweit andere Regelungen zu beachten sind.
Fazit
Der elektronische Abfallgebührenbescheid bietet eindeutig Chancen und dürfte künftig eine immer größere Rolle spielen. Die Rechtsgrundlagen finden sich in unterschiedlichen Gesetzen und sind in der Kombination teilweise schwer verständlich. Die Sicherheitsanforderungen an die technische Umsetzung erscheinen vergleichsweise hoch. Insgesamt dürfte die Einführung daher zunächst Ressourcen binden. Auf lange Sicht spricht aber vieles dafür, dass sowohl Verwaltungen als auch die Bürgerinnen und Bürger vom lektronischen Abfallgebührenbescheid profitieren.
[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig auch in Fragen des Datenschutzrechtes.
Co-Autor: Rechtsanwalt Felix Brannaschk