BEHG und Entgeltanpassung
Viele örE erhalten derzeit Preisanpassungsverlangen ihrer Restabfallentsorger, die mit dem Inkrafttreten des BEHG für die Branche zum 01.01.2024 begründet werden.
[GGSC] hatte hierzu bereits in diesem Newsletter berichtet. Aktuelle Anfragen geben jedoch Anlass für einen neuerlichen Hinweis: Es gibt hier keinen „Automatismus“, die Entgelte anzupassen, schon gar nicht in voller Höhe.
Prüfung Schritt für Schritt
Es bedarf zunächst einer vertraglichen Prüfung, die auch die Gesamtheit der der Auftragserteilung zugrundeliegenden Vergabeunterlagen (auch ggf. einschl. Bieterinformationen) mitumfasst, ob das Risiko der spezifischen Mehrkosten vom Auftragnehmer in den Angebotspreis einzukalkulieren war bzw. das kalkulatorische Risiko der Sphäre des Auftragnehmers zuzuordnen ist. Ergibt sich keine Antwort aus dem Vertrag, ist die Fragestellung anhand der gesetzlichen Regelungen zu prüfen. Bei alledem ist je nach Fallkonstellation auch zu berücksichtigen, dass weder der Emissionshandel noch die Einbeziehung der Abfallverbrennung ein „neues Thema“ sind.
Unterscheide: Anspruch dem Grunde und der Höhe nach?
Kommt man im Ergebnis der individuellen Prüfung zu dem Schluss, dass grundsätzlich ein Anpassungsanspruch (auf Verhandlung – oder auf konkrete Anpassung?) besteht, stellt sich die Folgefrage, in welcher Höhe. Auch hier geben möglicherweise vertragliche Regelungen ein Vorgehen vor, die Höhe zu ermitteln. Hierzu gehört regelmäßig die Einsichtnahme in die Urkalkulation des Auftragnehmers.
Für sämtliche Nachweise gilt dabei die grundsätzliche Beweisregel, dass stets der Anspruchsteller die Beweislast zu tragen hat, und zwar sowohl dafür, dass ein Anspruch besteht als auch in der konkreten Höhe. Für die Höhe ist im konkreten Einzelfall auch zu berücksichtigen, dass der Auftragnehmer im Regelfall ein Wagnis mit einkalkuliert haben wird, das sich durch das Inkrafttreten des BEHG verwirklicht und das folglich anspruchsmindernd zu berücksichtigen sein wird.
Zwischenfrage: hatte sich der Verwerter auch wegen überraschend hoher Einnahmen an Sie gewandt?
Ebenfalls von Bedeutung wird der Umstand sein, dass wohl sehr viele MHKW infolge der durch den russischen Angriffskrieg ausgelösten Energie(preis)krise erhebliche Mehreinnahmen bei der Strom- und Wärmeproduktion erzielt haben werden. Freiwillige Anzeigen oder gar Entgeltminderungen zugunsten des örE sind hier eher selten, können aber in diesem Zusammenhang durchaus zum Thema gemacht werden.
Vergaberecht nicht vergessen
Schließlich bedarf es auch einer vergaberechtlichen Prüfung, kommt es zu einer Entgelt- bzw. Vertragsanpassung, ob diese nach Maßgabe von § 132 GWB zulässig ist. Missachtet ein örE die zivil- oder vergaberechtliche Prüfung, geht er auch gebührenrechtliche Folgerisiken ein, da die Mehrkosten möglicherweise nicht ansatzfähig sind.
Co-Autor: Rechtsanwalt Cornelius Buchenauer