Zulässige Inhouse-Vergabe im Zweckverband
Die Beauftragung eines Zweckverbandes durch eines seiner Mitglieder stellt ein Inhouse-Geschäft dar. Für Darlegungen der Einhaltung des sog. Wesentlichkeitskriteriums genügt nach Auffassung des OLG Düsseldorf die Glaubhaftmachung ihrer Tätigkeiten durch den Auftraggeber.
Ausgangsentscheidung: VK Rheinland, Beschluss vom 22.02.2019, VK – 52/2018-L
Beim Fachforum A unseres Info-Seminars im vergangenen Jahr zum Schwerpunkt Vergaberecht hatten wir Ihnen eine Entscheidung der VK Rheinland zu Auftragsvergaben im Zusammenspiel zwischen Zweckverbänden und daran beteiligten Körperschaften vorgestellt. Eine Stadt hatte einen Zweckverband, an dem sie beteiligt war, mit der Implementierung und Betreuung einer Beschaffungssoftware beauftragt. Die operativen Voraussetzungen dieses Vorhabens wurden vom Zweckverband wiederum durch Auftrag an einen anderen Zweckverband, der ebenfalls Mitglied war, bewerkstelligt. Letzterer hatte ein Tochterunternehmen damit beauftragt.
Während die VK Rheinland ausgehend von der Nachprüfung der Leistungsvereinbarung zwischen Stadt und Zweckverband noch eine Würdigung des Gesamtvorganges vornahm, konzentrierte sich das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 07.08.2019, VII-Verg 9/19) auf die Beurteilung des konkret angegriffenen Auftragsverhältnisses Stadt – Zweckverband. Dieses stelle eine vergabefreie In-House-Beauftragung dar.
Gemeinsame Kontrolle eines Zweckverbandes durch seine Mitglieder
Das OLG Düsseldorf geht wie die VK Rheinland davon aus, dass die Stadt den Zweckverband gemeinsam mit anderen öffentlichen Auftraggebern i. S. v. § 108 Abs. 4 Nr. 1 GWB kontrolliert. Auch das Wesentlichkeitskriterium sei erfüllt. Zwar ergäben sich weder aus den Akten noch aus dem Vortrag der Stadt und des Zweckverbandes Angaben zu Umsätzen oder ähnlichen tätigkeitsgestützten Werten i. S. v. § 108 Abs. 7 Satz 1 GWB. Allerdings habe die Stadt anderweitig durch Bezugnahme auf die Satzung des Zweckverbandes und Erläuterung der Leistungsbeziehungen des Verbandes glaubhaft gemacht, dass das Wesentlichkeitskriterium erfüllt sei. Dies sei auch nicht in Frage gestellt worden.
Auch Anhaltspunkte für ein vergaberechtlich bedeutsames Umgehungsgeschäft konnte das OLG nicht erkennen. Der Vorgang der Beauftragung der Tochtergesellschaft des weiteren Zweckverbandes war von der Antragstellerin nicht angegriffen worden, diese hätte aber aufgrund dessen Vorabbekanntmachung durchaus die Möglichkeit gehabt, ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen.
Anmerkungen zur Entscheidung
Anders als z.B. die VK Thüringen ( Beschluss v. 11.05. 2017, AZ 250-4003-8880/2016-E-015-SM) lässt das OLG Düsseldorf eine Glaubhaftmachung des Wesentlichkeitskriteriums auch dann zu, wenn grundsätzlich ein Rückgriff auf Umsatzzahlen aus der Vergangenheit möglich wäre. Dies erscheint großzügig und eröffnet den Auftraggebern weitere Darlegungsmöglichkeiten.
Die vom OLG vorgenommene isolierte vergaberechtliche Prüfung des Vorganges zwischen Stadt und Zweckverband entspricht zwar dem Gegenstand des Nachprüfungsantrages. Interessant wäre jedoch die vergaberechtliche Beurteilung der Einbindung der Tochter des anderen Zweckverbandes gewesen: Käme hier womöglich sogar eine vergabefreie Auftragserteilung von Tochter an Mutter in Betracht?
Jedenfalls kann die Auftragserteilung von Mitgliedern eines Zweckverbandes an selbigen nach der Entscheidung regelmäßig als Fall von § 108 Absatz 4 GWB in Betracht kommen.
[GGSC] berät Aufgabenträger zur vergabefreien Gestaltung von Leistungsbeziehungen im Geflecht von Zweckverbänden und ihren Mitgliedern.