Förderung klimafreundlicher Nutzfahrzeuge – Fehler bei der Auswahl
Das aktuelle Programm der Bundesregierung zur Anschaffung von klimafreundlichen Nutzfahrzeugen sieht bis 2024 eine Förderung von ca. 1,6 Mrd. EUR vor.
Wie im vorgehenden Beitrag ausführlicher dargestellt werden als Antriebstechnologien v.a. Batterie, Brennstoffzelle oder Plug-In-Hybrid gefördert. Aufgrund begrenzter Gelder können nicht alle Fördermittelanträge berücksichtigt werden, sodass eine Auswahl zu treffen ist. Priorität haben die Fahrzeuge, bei denen ein möglichst großes CO2-Einsparpontial besteht. Die Parameter zur Bestimmung des CO2-Einsparpontials der zu fördernden Nutzfahrzeuge aus dem ersten Förderaufruf, der bis zum 27.09.2021 geöffnet war, lassen allerdings zweifeln, ob dieses Ziel konsequent und unter Berücksichtigung zutreffender Kriterien verfolgt wird. Insbesondere werden offenbar Abfallsammelfahrzeuge zu Unrecht benachteiligt. Es besteht Korrekturbedarf.
Vorgaben zur Bestimmung des CO2-Einsparpontials
In dem ersten Förderaufruf werden für die Bestimmung des CO2-Einsparpontials folgende Faktoren genannt: die erwartete elektrische Jahresfahrleistung, die Antriebsart, das zulässige Gesamtgewicht und die Investitionsmehrausgaben je beantragtem Nutzfahrzeug. Letzteres meint den Differenzbetrag zur Anschaffung eines vergleichbaren Nutzfahrzeugs mit konventionellem Antrieb (d.h. v.a. Diesel). Als nicht förderfähig wird dabei angesehen, wenn das sog. Mindestambitionsniveau unterschritten ist. Dies bedeutet, dass nur diejenigen Anträge bewilligt werden, die eine CO2-Einsparungsquote je Fördereuro von mindestens 50 % des Durchschnittswertes aller Anträge erfüllen.
Benachteiligung für Abfallsammelfahrzeuge
Völlig außen vor bleibt bei den o.g. Faktoren laut erstem Förderaufruf der Kraftstoffverbrauch (Liter/Kilometer) bzw. die tatsächliche Motor-/Betriebslaufzeit des jeweiligen Nutzfahrzeugs. Die Ersetzung von Fahrzeugen mit hohem Kraftstoffverbrauch führt jedoch proportional zu einer größeren Einsparung von CO2-Emissionen. Daran wird das Problem, insbesondere für Abfallsammelfahrzeuge, deutlich. Abfallsammelfahrzeuge haben eine vergleichsweise niedrige Jahreslaufleistung. Im städtischen Bereich sind es in der Regel ca. 50 km/Tag. LKW im Fernverkehr weisen um ein Vielfaches höhere Fahrleistungen auf. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Fernverkehr-LKW stets den höchsten CO2-Ausstoß unter allen Nutzfahrzeugtypen haben. Abfallsammelfahrzeuge sind tagsüber faktisch im Dauerbetrieb. Durch das stetige Anfahren und Anhalten sowie den Betrieb der Aufbauten haben sie einen sehr hohen Kraftstoffverbrauch. Im städtischen Bereich liegt das Mittel bei ca. 75-80 Liter/100 km. Vergleichbare Nutzfahrzeuge im Fernverkehr kommen dagegen auf ca. 25-30 Liter/100 km. Für die Entscheidung, ob ein Antrag gefördert wird, kommt es jedoch maßgeblich auf die zurückzulegende Entfernung, d.h. die Jahreslaufleistung, an. Die Anwendung der im Förderaufruf genannten Faktoren zur Berechnung des CO2-Einsparpontials führt somit zu einem offensichtlich fehlerhaften Ergebnis. Abfallsammelfahrzeuge drohen demnach von Beginn an aus der Förderung herausfallen – und das, obwohl ihr CO2-Ausstoß im Schnitt deutlich höher liegt als bei Fahrzeugen im Fernverkehr.
Rechtsschutzmöglichkeiten
Was passiert nun, wenn ein Förderantrag abgelehnt wird, z.B. weil das zur Förderung gestellte Fahrzeug eine nach den aufgestellten Parametern zu geringe Jahreslaufleistung hat? Aufgrund der auf dem Spiel stehenden hohen Fördersumme sollten Rechtsmittel ernsthaft erwogen werden. Die Einlegung eines Widerspruchs ist daher naheliegend. Allerdings haben das Zuwendungsrecht und dessen Rechtsschutzmöglichkeiten seine Tücken. Zum einen haben die Zuwendungsstellen grundsätzlich einen großen Spielraum (Ermessen) bei der Aufstellung ihrer Auswahlkriterien. Gleichwohl darf dies nicht dazu führen, dass potentiell Förderfähige ungerechtfertigt benachteiligt werden. Zum anderen besteht eine Herausforderung oft darin, dass sämtliche, bereitgestellte Fördermittel ausgeschüttet werden, während das eigene Widerspruchs- bzw. Klageverfahren noch läuft. Die Gefahr liegt darin, dass am Ende die Ablehnung des Förderantrags möglichweise rechtswidrig war, zugleich der Behörde aber kein Geld mehr zur Verfügung steht, um die Fördersumme (nachträglich) zu bewilligen bzw. auszuzahlen. Es sollte daher stets auch über den Weg der Zusicherung oder notfalls auch des einstweiligen Rechtsschutzes nachgedacht werden.
Ausblick
Auch die Abfallwirtschaft will ihre Beiträge zum Klimaschutz leisten. Die aktuell hohen Investitionskosten in die Erneuerung ihrer Fahrzeugflotte sollte durch finanzielle Förderungen unterstützt werden. Eine entsprechende Anpassung der Auswahlkriterien und Berechnungsfaktoren ist daher geboten, so dass als Maßstab der Dekarbonisierung vor allem der Kraftstoffverbrauch Beachtung findet.
[GGSC] unterstützt die kommunale Abfallwirtschaft sowohl bei der rechtssicheren Vorbereitung von Fördermittelanträgen als auch bei möglichen Rechtsschutzverfahren gegen die Versagung von Fördermitteln.
Co-Autor: Rechtsanwalt Felix Brannaschk