Bundesverwaltungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit der Sicherheitsleistung nach dem Verpackungsgesetz
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich am 23.05.2024 mit wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit der Festsetzung von Sicherheitsleistungen nach § 18 Abs. 4 VerpackG auseinandergesetzt und die Sprungrevisionen zweier Systeme zurückgewiesen (Urteile vom 23.05.2024, Az.: 10 C 8.23 und BVerwG 10 C 7.23).
Sachverhalt und Fragestellung
Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hatte im Jahr 2020, wie mehrere andere Landesbehörden, Sicherheitsleistungen nach § 18 Abs. 4 VerpackG festgesetzt. Im Jahr 2022 passte das Ministerium die Höhe der Sicherheitsleistung an. Einige Systeme gingen gegen diese Bescheide gerichtlich vor. Die [GGSC]-Rechtsanwält:innen Linus Viezens und Ida Oswalt begleiteten das Ministerium in den gerichtlichen Verfahren.
Die Systembetreiber hatten sich gegen die Bescheide im einstweiligen Rechtschutz letztlich überwiegend erfolglos zur Wehr gesetzt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klagen sodann im Jahr 2022 im Hauptsacheverfahren ab. Hiergegen legten zwei Systeme Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht ein.
Die Systeme hatten u. a. vorgetragen, die Ermächtigungsgrundlage des § 18 Abs. 4 VerpackG sei verfassungswidrig. Weiterhin argumentierten die Systeme, das Ministerium habe sein Ermessen nicht bzw. fehlerhaft ausgeübt.
Nunmehr blieben auch die Sprungrevisionen der Systeme erfolglos.
Ausführungen des Senats in der mündlichen Verhandlung
In der mündlichen Verhandlung erläuterte der Senat, dass § 18 Abs. 4 VerpackG sowohl hinreichend bestimmt sei als auch keine Bedenken hinsichtlich der mit der Erhebung der Sicherheitsleistung verbundenen Grundrechtseingriffe bestünden. Bei der Intensität der Grundrechtseingriffe sei auch zu bedenken, dass der Gesetzgeber den Markt für die Tätigkeit durch die rechtlichen Regelungen zur Verpackungsentsorgung erst eröffnet habe. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts Stuttgart, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts auch im Hinblick auf dessen Verfassungsmäßigkeit keine enge Auslegung von § 18 Abs. 4 VerpackG geboten.
Auf der Rechtsfolgenseite erläuterte der Senat sodann, dass das Ministerium sein Entschließungsermessen korrekt ausgeübt habe. Auch beim Auswahlermessen konnte das Bundesverwaltungsgericht keine Rechtsfehler erkennen.
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung damit insbesondere bestätigt, dass die vom Ministerium gewählte Berechnungsweise nicht zu beanstanden ist und sogar darauf hingewiesen, dass Raum für Pauschalierungen bestehe und eine Berechnung auf der „sicheren Seite“ zulässig sei.
Schließlich hat das Gericht klargestellt, dass es sich bei dem Bescheid über die Sicherheitsleistungen nicht um einen Dauerverwaltungsakt handelt, wie es das Verwaltungsgericht Stuttgart noch angenommen hatte. Damit sind die Behörden nicht gezwungen, die Sicherheitsleistung in kurzen Abständen an geänderte Verhältnisse anzupassen, sondern es genügt eine periodische Überprüfung.
Einschätzung von [GGSC] und Reaktionen
Es ist erfreulich, dass die von den Bundesländern abgestimmten Berechnungsgrundlagen für die Festsetzung der Sicherheitsleistung nach dem Verpackungsgesetz nach jahrelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit den Systemen durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurden. Der Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts, dass Pauschalierungen zulässig und eine Absicherung „auf der sicheren Seite“ möglich ist, ist als klares Signal an die zuständigen Landesbehörden zu werten, eine ausreichende Absicherung vorzunehmen. Die Sicherheitsleistungen nach dem Verpackungsgesetz sind von wesentlicher Bedeutung für die finanzielle Absicherung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und Gebührenzahler:innen im Falle der Insolvenz von Systemen. Dass das System der Verpackungsentsorgung derartige Risiken birgt, zeigt nicht zuletzt die Insolvenz eines Systems im Jahr 2018.
Von Systemseite erfolgte bisher keine öffentliche Reaktion auf das Urteil. Der VKU hingegen begrüßt die Entscheidung.
Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt, dass die bisherige Vorgehensweise der Landesbehörden rechtmäßig ist und führt zu Rechtssicherheit bei der Festsetzung, Überprüfung und Anpassung von Sicherheitsleistungen nach dem Verpackungsgesetz. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts könnte darüber hinaus auch auf die Festsetzung anderer Sicherheitsleistungen im Abfallrecht Hinweise liefern.
Eine umfassende Auswertung der Entscheidung kann erfolgen, sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen.
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