Newsletter Abfall Juli 2024

Novelle der Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) - Fortschritt oder Fehltritt

Gewerbeabfälle werden nach wie vor selten recycelt oder anderweitig hochwertig verwertet. Vor diesem Hintergrund steht auch die bisherige Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) in der Kritik. Jetzt wird eine Novelle auf den Weg gebracht: Ein Referentenentwurf der Bundesregierung wurde im April 2024 zur Anhörung an die beteiligten Kreise weitergeleitet. Die Frist für Stellungnahmen dazu lief am 15.05.2024 ab. Nach Auswertung von Stellungnahmen soll der Entwurf zu einem Regierungsentwurf weiterentwickelt und bis September 2024 dem Kabinett vorgelegt werden. Das parlamentarische Verfahren soll bis April 2025 abgeschlossen sein.

Hintergrund der Novelle

Bei durchaus ambitionierten Zielen der bisherigen Fassung der GewAbfV 2017 wird gleichzeitig vielerorts – z.B. von der privaten Entsorgungswirtschaft – ein massives Vollzugsdefizit beklagt. Behörden kritisieren wiederum den hohen Verwaltungsaufwand und verweisen auf fehlende personelle Kapazitäten.

Das Umweltbundesamt (UBA) hat vor diesem Hintergrund 2023 in einer Studie die GewAbfV evaluiert und ist u.a. zu folgenden Ergebnissen gekommen: Zwar sank der Anteil der Gemische, die direkt einer thermischen Abfallbehandlungsanlage zugeführt wurden, von 46 % (2016) auf 32 % (2020). Der Anteil der in Sortieranlagen behandelten Gemische stieg von 36 % (2016) auf 45 % (2020); der Anteil in sonstigen Anlagen von 8 % (2016) auf 12 %. Gleichzeitig wurden aber nur 18 % der Abfälle als Wertstoffe ausgeschleust, während 60 % energetisch verwertet worden sind. Dabei wären von den zur energetischen Verwertung aussortierten Abfällen etwa 23 % noch stofflich verwertbar gewesen. Nur 60 % der Abfälle werden getrennt erfasst. Außerdem wurde berichtet, dass etwa 50 % der Vorbehandlungs- bzw. Sortieranlagen die technischen Anforderungen nicht erfüllen.

Die Ergebnisse zeigen, dass die GewAbfV 2017 zwar ein richtiger und wichtiger Impuls war, um das Recycling gewerblicher (Siedlungs-) Abfällen zu stärken. In der Praxis entfaltet sie allerdings noch nicht die gewünschte Wirkung. Die Getrennthaltungspflicht wird von den Abfallerzeugern nicht ausreichend eingehalten, und Abfälle werden oft als Gemisch erfasst, obwohl dies nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig sein sollte. Aufgrund fehlender Kontrollen bleibt eine Sanktionierung vielerorts aus. Zusammenfassend werden gewerbliche Siedlungsabfälle in der Regel ohne vorherige Behandlung direkt einer Müllverbrennungsanlage zugeführt, ohne dass ein Ausnahmetatbestand begründet wird. Gleichzeitig bleiben die technische Ausstattung und die erreichten Recyclingquoten der Vorbehandlungsanlagen hinter den Anforderungen der GewAbfV zurück.

Geplante Verschärfungen der Novelle der GewAbfV

Folgende Verschärfungen sind geplant:

  • Streichung der Möglichkeit, die Erfüllung der Pflichten über eine Getrenntsammlungsquote von mindestens 90 % nachzuweisen.
  • Einforderung der Nutzung neuer Formblätter für die Dokumentation der Getrenntsammlungs- und Verwertungspflichten.
  • Etablierung einer 5-Kg-pro-Woche-Grenze für Gemische, oberhalb derer Getrenntsammlung zumutbar sein soll.
  • Neue Pflicht zur Kennzeichnung der verwendeten Abfall-Sammel-Container.
  • Neue Kontrollpflichten für Betreiber von thermischen Behandlungsanlagen.
  • Erweiterte Behördenrechte zur Beauftragung externer Sachverständiger für Überprüfungen.
  • Begrenzung der Kaskaden-Vorbehandlung auf maximal zwei Behandlungsanlagen.
  • Verpflichtung zur Nutzung der Nahinfrarot-Technik bei Vorbehandlungsanlagen.
  • Einrichtung eines bundesweiten Registers von Vorbehandlungsanlagen, in dem auch die Sortier- und Recyclingquoten öffentlich zugänglich sind.
  • Ausweitung der Getrennthaltungspflichten bei Bau- und Abbruchabfällen.

Diese geplanten Verschärfungen sollen sicherstellen, dass die Ziele der GewAbfV besser erreicht werden und die Recyclingquoten signifikant gesteigert werden. Einer scharfen Kritik sieht sich schon jetzt die Ausweitung von Kontrollpflichten auf Betreiber thermischer Behandlungsanlagen ausgesetzt – auch und vor allem von kommunaler Seite. Bei den Anlagenbetreibern sollen solche Kontrollpflichten falsch angesiedelt sein. Und ob allein die Einschaltung externer Sachverständiger das behördliche Vollzugsdefizit mindern kann, wird ebenfalls in Zweifel gezogen.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Kritik bei der weiteren Bearbeitung des Entwurfs Berücksichtigung findet.

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