BVT und Stand der Technik bei Abfallverbrennungs- und –behandlungsanlagen
Durch neue BVT-Schlussfolgerungen vom Dezember 2019 zu Abfallverbrennungsanlagen und eine geplante Verwaltungsvorschrift zur Abfallbehandlung wird der Stand der Technik für solche Anlagen aktualisiert.
Im Dezember 2019 verabschiedete die EU-Kommission erstmals Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT-Schlussfolgerungen/BAT-Conclusions) für die Abfallverbrennung (Durchführungsbeschluss 2019/2010). Sie enthalten verbindliche Vorgaben über die besten verfügbaren Techniken für Abfallverbrennungsanlagen im Anwendungsbereich der Industrieemissionsrichtlinie (IER) 2010/75/EU. Dazu gehören Emissionsgrenzwerte, Vorgaben zur Emissionsüberwachung, Wirkungsgradvorgaben zur Energieeffizienz und allgemeine Vorgaben zu anzuwendenden Techniken.
Erläuterungen dazu finden sich im parallel dazu veröffentlichten BVT-Merkblatt (BREF-Dokument, Best Available Techniques Reference Document). Die Anforderungen der BVT-Schlussfolgerungen für die Abfallverbrennung müssen durch Änderung der 17. BImSchV in nationales Recht umgesetzt werden. Bestehende Anlagen müssen diese Anforderungen innerhalb von 4 Jahren nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfolgerungen erfüllen.
BVT-Schlussfolgerungen zu Abfallverbrennung und Abfallbehandlung
Vergleichbare BVT-Schlussfolgerungen zur Abfallbehandlung verabschiedete die Kommission bereits im August 2018 (Durchführungsbeschluss 2018/1147). Dazu veröffentlichte das BMU nun einen Referentenentwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Abfallbehandlung (Abfallbehandlungs-VwV) mit Stand vom 28.01.2020. Mit dieser Abfallbehandlungs-VwV sollen die Anforderungen der BVT-Schlussfolgerungen umgesetzt werden. Dazu sollen die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an Abfallbehandlungsanlagen aus der TA Luft herausgelöst und separat geregelt werden. Diese Anforderungen müssen bestehende Anlagen bis zum 18.08.2022 erfüllen.
Geltungsbeginn der BVT-Schlussfolgerungen
Eine erhebliche Herausforderung für die Praxis ist, dass die BVT-Schlussfolgerungen und BVT-Merkblätter mit deren Verabschiedung den Stand der Technik konkretisieren und jedenfalls bei Neu- und Änderungsgenehmigungen unmittelbar berücksichtigt werden müssen. Insofern ist eine Umsetzung durch nationale Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften gar nicht erforderlich; die zuständige Behörde kann und muss den Stand der Technik vielmehr im Einzelfall konkretisieren, sofern die nationalen Vorschriften den Stand der Technik nicht mehr zutreffend konkretisieren. Andererseits ist eben doch eine Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben vorgesehen. Diese betrifft auch nicht nur bestehende Anlagen, sondern konkretisiert auch die Anforderungen an Neu- und Änderungsgenehmigungen. Zwischen dem Inkrafttreten von BVT-Schlussfolgerungen und deren Umsetzung durch nationales Recht kann deshalb Unsicherheit entstehen, wie die unionsrechtlichen Vorgaben umzusetzen sind.
Rechtsprechung dazu gibt es bisher kaum. Das Verwaltungsgericht Aachen hat in einem Urteil zu einer nachträglichen Anordnung gegenüber dem Betreiber einer Flachglasanlage eine nachvollziehbare Begründung dafür gefordert, dass ein von der Behörde festgesetzter Grenzwert innerhalb einer von den BVT-Schlussfolgerungen vorgegebenen Emissionsbandbreite den Stand der Technik abbildet (Urteil vom 11.10.2017, Az.: 6 K 996/16). Da sich das nach Ansicht des Gerichts weder aus der behördlichen Anordnung noch aus dem dieser Anordnung zu Grunde liegenden Erlass des Landesumweltministeriums ergab, hob es die Anordnung auf.
Emissionsbandbreiten und behördliche Grenzwertfestsetzungen
Es bleibt abzuwarten, wie sich die weitere Rechtsetzung und Rechtsprechung hier entwickeln. Aus der Beratungspraxis wissen wir, wie schwer es sein kann, den Stand der Technik zu konkretisieren, wenn dieser nicht durch verbindliche Grenzwerte abschließend konkretisiert ist. Ferner wird sich zeigen müssen, ob und inwieweit die Gerichte behördliche Grenzwertsetzungen innerhalb der von den BVT-Schlussfolgerungen vorgesehenen Emissionsbandbreiten akzeptieren, wenn sie nicht nur im Erlass eines Landesministeriums, sondern in einer Verwaltungsvorschrift des Bundes nach Anhörung der beteiligten Kreise nach § 48 BImSchG oder in einer Rechtsverordnung festgelegt wurden, aber ebenfalls nicht nachvollziehbar begründet werden.