Newsletter Abfall März 2020

Neues BMF-Schreiben zu § 2b UStG mit Klarstellungen zu interkommunaler Kooperation

Zahlreiche öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger – v.a. diejenigen, die Mitglieder einer interkommunalen Kooperation sind – prüfen derzeit, ob die von ihnen erbrachten Tätigkeiten ab dem 01.01.2021 umsatzsteuerpflichtig sind.

Hintergrund ist der vielfach thematisierte § 2b UStG, dem zufolge juristische Personen des öffentlichen Rechts (fortan: jPöR) nur noch unter bestimmten Voraussetzungen nicht als umsatzsteuerpflichtige Unternehmer gelten. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in mehreren Rundschreiben Hinweise zur Anwendung des § 2b UStG gegeben, über die wir in [GGSC] Abfall Newslettern regelmäßig berichtet haben. Nun ist ein weiteres Schreiben vom 20.02.2020 dazugekommen.

Grundregeln zur Steuerbarkeit von Leistungen

Das BMF stellt seinem Schreiben zwei Grundregeln zur Steuerbarkeit von Leistungen voran, mit denen sich der Ansicht des BMF zufolge regelmäßig klären lässt, ob eine jPöR steuerpflichtiger Unternehmer ist oder als Nicht-Unternehmer i.S.d. § 2b UStG gilt, auf dessen Leistungen die Umsatzsteuer nicht zu entrichten ist. Dem BMF zufolge sind zum einen Leistungen, die auf Grundlage von privatrechtlichen Verträgen erbracht werden, stets steuerbar, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG erfüllt sind. Zum anderen ist bei der Erbringung von Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage dem BMF zufolge grundsätzlich davon auszugehen, dass durch die Möglichkeit, die betreffende Leistung auch von Privaten zu erhalten, Wettbewerb besteht. Die Nicht-Steuerbarkeit solcher Leistungen würde zu Wettbewerbsverzerrungen führen, so dass eine Anwendung des § 2b UStG in diesen Fällen ausgeschlossen sei. Leistungen im Rahmen der interkommunalen Kooperation sind dem BMF zufolge nur umsatzsteuerfrei, wenn eine größere Wettbewerbsverzerrung nach Maßgabe des § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG und des § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen werden könne. Hierzu ist eine Wettbewerbsprüfung unter Beachtung des Rundschreibens des BMF vom 14.11.2019 durchzuführen.

Übertragung von (Teil-)Aufgaben auf andere jPöR im Rahmen der Abfallentsorgung

Das BMF führt in seinem Schreiben vom 20.02.2020 unter Nr. 8 aus, wenn die Voraussetzungen des § 2 b Abs. 1 Satz 1 UStG vorlägen, führe die Wahrnehmung von (Teil-) Aufgaben einer jPöR für eine andere jPöR zur Steuerbarkeit, wenn größere Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Dritter vorliegen. Eine entgeltliche befreiende Aufgabenübertragung auf Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung in öffentlich-rechtlicher Handlungsform und im Rahmen öffentlicher Gewalt an eine andere jPöR führe zum Ausschluss der Unternehmereigenschaft, wenn die Übertragung auf Private gesetzlich ausgeschlossen sei. Als Beispiel führt das BMF die Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen nach § 20 KrWG an. Davon zu unterscheiden sei die auch privaten Unternehmen gestattete Erbringung von Vorleistungen an die zur Entsorgung verpflichtete jPöR.

Beauftragung anderer jPöR mit Aufgaben der Abfallentsorgung

Unter Nr. 15 führt das BMF dann in seinem Schreiben vom 20.02.2020 aus, sofern eine jPöR von einer anderen jPöR mit der Durchführung von hoheitlichen Aufgaben (z. B. Abwasserbeseitigung oder Hausmüllentsorgung) in Gänze beauftragt werde, könnten die Voraussetzungen des § 2b Abs. 2 Nr. 3 UStG erfüllt sein. Das Schreiben des BMF vom 14.11.2019 sei zu beachten. Im Ergebnis gilt die leistungserbringende jPöR dem BMF zufolge nur unter der Voraussetzung als Nicht-Unternehmer, dass eine größere Wettbewerbsverzerrung nach § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG und nach § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG ausgeschlossen werden kann.

Schlussfolgerung: Aufgabenübertragung ist steuerrechtlich vorteilhaft

Erfreulicherweise hat das BMF – auch wenn viele Einzelfragen offen bleiben – klargestellt, dass Aufgabenübertragungen auf andere jPöR steuerfrei bleiben. Dem BMF zufolge gilt dies auch für die Übertragung von Teilaufgaben. Offen bleibt die Abgrenzung zu den vom BMF aufgeführten Vorleistungen und zu den verwaltungsunterstützenden Hilfstätigkeiten.

In den Fällen der interkommunalen Kooperation auf der Grundlage bloßer Beauftragungen ist die Wettbewerbsprüfung durchzuführen. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettbewerbsverzerrung ausgeschlossen ist, ist weiter nicht abschließend geklärt. Das BMF verweist aus seiner Sicht nachvollziehbar auf die Einzelfallprüfung. Aus Sicht der örE sollte hier möglichst bald durch eine Stellungnahme des BMF zu den häufig vorkommenden Konstellationen Klarheit geschaffen werden.

[GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in allen Fragen zu § 2b UStG, bei der Ausgestaltung kommunaler Kooperationen sowie bei der Einholung verbindlicher Auskünfte beim Finanzamt.

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