Illegale Ablagerungen auf frei zugänglichen Grundstücken der öffentlichen Hand – Entsorgungspflicht des örE?
Werden Abfälle illegal abgelagert und kann der Verursacher nicht ermittelt werden, trifft die Entsorgungspflicht regelmäßig die Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich die Abfälle befinden. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hatte mit Blick auf ein im Eigentum der öffentlichen Hand stehendes, der Öffentlichkeit frei zugängliches Waldgrundstück dagegen entschieden, dass nicht die Grundstückseigentümerin (Anstalt des öffentlichen Rechts), sondern der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger zur Beseitigung der Ablagerung auf eigene Kosten verpflichtet sei. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Urteil zugelassen und klärt nun die Frage, ob juristische Personen des öffentlichen Rechts als entsorgungspflichtige Abfallbesitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG) anzusehen sind, wenn Abfall auf tatsächlich und rechtlich frei zugänglichen Grundstücken abgelagert wird, die in ihrem Eigentum stehen.
Sachverhalt
Eine nicht ermittelbare Person hatte auf einem Waldgrundstück, das im Eigentum einer Anstalt des öffentlichen Rechts steht und von dieser fiskalisch verwaltet wird, illegal Dachpappe abgelagert. Das Waldgrundstück ist für jedermann zugänglich, d.h. es bestehen keine rechtlichen und/ oder tatsächlichen Zugangshindernisse.
Die Anstalt (Grundstückseigentümerin) hatte den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zur Beseitigung der Dachpappe auf eigene Kosten aufgefordert. Da dieser der Aufforderung nicht nachkam, entsorgte die Grundstückseigentümerin die illegale Ablagerung selbst und versuchte, die Entsorgungskosten klageweise vom öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erstattet zu bekommen.
Das Verwaltungsgericht Chemnitz wies die Klage in erster Instanz ab. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht verurteilte den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Berufungsverfahren zur Erstattung der Entsorgungskosten (Urt. v. 16.02.2024, Az.: 4 A 112/22).
Wer ist Abfallbesitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG)?
Das Sächsische Oberverwaltungsgericht ging davon aus, dass es Sache des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers gewesen wäre, die illegal abgelagerte Dachpappe von dem Waldgrundstück zu entfernen. Durch die Selbstvornahme habe die Anstalt des öffentlichen Rechts ein fremdes, dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger obliegendes Geschäft getätigt, das diesen nach den Grundsätzen der „Geschäftsführung ohne Auftrag“ zur Kostenerstattung verpflichte.
Für die Anstalt des öffentlichen Rechts sei die Entsorgung der Ablagerung ein fremdes Geschäft, da diese nicht Abfallbesitzerin i.S.d. § 3 Abs. 9 KrWG und somit nicht entsorgungspflichtig ist. § 3 Abs. 9 KrWG besagt, dass Besitzer von Abfällen jede natürliche oder juristische Person ist, welche die tatsächliche Sachherrschaft über Abfälle hat. Dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht zufolge ist der Eigentümer eines der Allgemeinheit tatsächlich und rechtlich frei zugänglichen Waldgrundstückes allerdings nicht Besitzer der dort illegal abgelagerten Abfälle, da an dem Grundstück kein solches Mindestmaß an Sachherrschaft besteht, das es ermöglicht, ihm die Sachherrschaft über die Abfälle zuzurechnen. Mit Blick auf die Entsorgungspflicht greife insoweit die Auffangverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zum Einsammeln und Entsorgen illegaler Ablagerungen (§ 20 Abs. 1 KrWG i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 3 SächsKrWBodSchG).
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichtes wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (Beschl. v. 19.12.2024, Az.: 10 B 10.24). In dem Revisionsverfahren wird das Bundesverwaltungsgericht beurteilen, ob es einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bei einem in ihrem Eigentum befindlichen Waldgrundstück tatsächlich an der nach § 3 Abs. 9 KrWG erforderlichen Sachherrschaft an illegalen Ablagerungen fehlt.
Die Klärung dieser Frage ist für die kommunale Entsorgungswirtschaft von hoher Relevanz, da illegale Ablagerungen häufig auf frei zugänglichen (Wald-)Grundstücken vorgenommen werden und sich in der Folge die Frage der Entsorgungspflicht bzw. der Kostentragung stellt. Wir halten Sie über den Ausgang des Verfahrens unterrichtet.