Littering: erweiterte Herstellerverantwortung in Form des Einwegkunststofffonds
Die unsachgemäße Entsorgung von Einwegkunststoffprodukten und das achtlose Wegwerfen zumeist aus Einwegplastik bestehender Abfälle im öffentlichen Raum trägt in besonderem Maße zur Verschmutzung der Umwelt bei. Im Kampf gegen dieses „Littering“ sieht die 2019 erlassene EU-Kunststoffrichtlinie (2019/904) neben zahlreichen anderen Maßnahmen unter anderem auch die finanzielle Inanspruchnahme der Hersteller von Einwegplastikprodukten vor. Nachdem erste Regelungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie bereits mit der KrWG-Novelle 2020 geschaffen wurden, hat das Bundesumweltministerium Ende März einen Referentenentwurf vorgelegt, welcher zur konkreten Ausgestaltung der erweiterten Herstellerverantwortung einen Einwegkunststofffonds vorsieht.
Ziele der erweiterten Herstellerverantwortung
Die Kosten, die deutschen Städten und Gemeinden aufgrund von Zigarettenkippen, To-Go-Verpackungen und anderen Einwegplastikprodukten entstehen, sind immens. Ziel der in erweiterten Herstellerverantwortung ist deshalb neben der nachhaltigeren Bewirtschaftung von Kunststoffen und dem Kampf gegen die Vermüllung der Umwelt auch – entsprechend dem der EU-Umweltpolitik zu Grunde liegenden Verursacherprinzip („polluters pay principle“) – eine gerechtere Aufteilung der bisher über Gebühren oder kommunale Haushalte gedeckten Reinigungs- und Entsorgungskosten. Außerdem sollen Sensibilisierungsmaßnahmen gegenüber Verbrauchern finanziell unterstützt werden.
Umsetzung in deutsches Recht: Produktverantwortung und Einwegkunststofffonds
Die in § 23 KrWG geregelte Produktverantwortung der Hersteller und Vertreiber verschiedener Einwegplastikprodukte umfasst seit der Gesetzesnovelle 2020 auch deren Beteiligung an Kosten, die den örE aufgrund von Littering im Zusammenhang mit den von Ihnen hergestellten oder vertriebenen Einwegplastikprodukten entstehen (§ 23 Abs. 2 Nr. 10 KrWG). Der nun Ende März vorgelegte Referentenentwurf für das „Gesetz zur Umsetzung bestimmter Regelungen der EU-Einwegkunststoffrichtlinie“ sieht darüber hinaus neben Änderungen des Verpackungsgesetzes ein „Gesetz über den Einwegkunststofffonds“ vor. Zentrales Element dieses Gesetzes ist ein durch das Umweltbundesamt verwalteter Einwegkunststofffonds, in welchen Hersteller von Einwegkunststoffprodukten eine Einwegkunststoffabgabe als Sonderabgabe einzahlen. Anspruchsberechtigte örE und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) erhalten aus diesem Fonds dann entsprechende Kostenerstattungen.
Registrierungspflicht, Abgabensätze und Punktesystem
Konkret sieht das entworfene Gesetz vor, dass Hersteller von Einwegkunststoffprodukten verpflichtet werden, sich mit ihren Unternehmensdaten elektronisch beim Umweltbundesamt zu registrieren und über ein Online-Portal jährlich die Art und Masse der von ihnen hergestellten oder verkauften Einwegkunststoffprodukte zu melden. Auf Grundlage dieser Meldung und anhand des jeweiligen Abgabensatzes berechnet das Umweltbundesamt dann die Höhe der Einwegkunststoffabgabe und setzt diese durch Verwaltungsakt fest. Auch örE und sonstige jPöR, die eine Kostenerstattung geltend machen wollen, müssen sich beim Umweltbundesamt registrieren lassen und jährlich Angaben zu von ihnen erbrachten und die Kosten verursachenden Leistungen zu machen. Aus dem Fonds erstattet werden sollen ihnen Sammlungs-, Reinigungs-, Sensibilisierungs- sowie Datenerhebungs- und -übermittlungskosten. Die jeweiligen Auszahlungsanteile werden nach einem Punktesystem berechnet, durch das Umweltbundesamt durch Verwaltungsakt festgesetzt und bei Fälligkeit ausgezahlt. Die der Einwegkunststoffabgabe und den auszuzahlenden Mitteln zugrunde zu legenden Berechnungsparameter – die Abgabensätze und das Punktesystem – sollen durch Rechtsverordnung festgelegt und regelmäßig überprüft werden.
Das entworfene Einwegkunststofffondsgesetz soll im Wesentlichen zum 01.01.2023 in Kraft treten. Der vorgelegte Referentenentwurf ist jedoch nicht ohne Kritik geblieben: Angezweifelt wird insbesondere, dass das Einwegkunststofffondsgesetz nicht geeignet sei, die negativen Auswirkungen der Einwegkunststoffprodukte auf Mensch und Umwelt tatsächlich zu mindern. Ob das Gesetz in der dargestellten Form in Kraft tritt oder ob Nachbesserungen vorgenommen werden, bleibt zunächst abzuwarten.