Preisanpassungsbegehren genau prüfen!
Mittelbare Auswirkungen des Ukraine-Kriegs haben auch die Abfallwirtschaft in Deutschland erreicht. Insbesondere Transportunternehmen, aber auch Entsorger, Maschinenlieferanten oder Bauunternehmen müssen erhebliche Preissteigerungen etwa für Kraftstoffe, Baumaterialien und Energie hinnehmen. Lieferketten brechen ab. Täglich flattern den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern Preisanpassungsbegehren ins Haus. Viele der in solchen Schreiben gezeichneten Horrorszenarien halten einer Überprüfung nicht stand.
Preisanpassung in bestehenden Verträgen kein Automatismus
In bereits laufenden Verträgen werden jetzt von den Auftragnehmern Forderungen nach Preisanpassungen scheinbar ohne jede Einzelfallprüfung und in erheblicher Höhe versandt. Aufschläge auf den vereinbarten Gesamtpreis von 10 bis 15 % sind die Regel, nicht die Ausnahme.
Entsprechende Ansprüche sind regelmäßig nur dann begründet, wenn eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB vorliegt. Dies ist keineswegs automatisch im Hinblick auf die Kriegsfolgen anzunehmen. Es bedarf einer dezidierten Auseinandersetzung mit den Regelungen des jeweiligen Vertrages über Dienst-, Liefer- oder Bauleistungen. Dies gilt unabhängig davon, ob in diesen Verträgen Fixpreise oder eine turnusgemäße Preisanpassung vorgesehen sind. Nach § 313 Abs. 1 BGB kann eine Vertragsanpassung nur verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass dem Auftragnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
Einzelfallprüfung unabdingbar und pauschale Aufschläge unangebracht
Die öffentlichen Auftraggeber sind gut beraten, jedes einzelne Anpassungsbegehren genau zu prüfen, andernfalls droht spätestens im Gebührenprozess das böse Erwachen. Eine Anerkennung von unberechtigten Forderungen durch die kommunalen Entscheidungsträger ist mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. Es besteht zwar etwa bei der Beantwortung der Frage, was im Hinblick auf die vertragliche Risikoverteilung als „unzumutbare Härte“ anerkannt wird, ein erheblicher Beurteilungsspielraum, soweit aber derzeit etwa Preisaufschläge von bis zu 15 Prozent auf den Gesamtpreis der Leistungen des Sammelns und Transportierens von Abfällen gefordert werden, sind diese regelmäßig deutlich übersetzt. Keinesfalls dürfte es im Rahmen einer Drittbeauftragung gerechtfertigt sein, dem Gebührenzahler die vollständige Differenz zwischen dem kalkulierten und aktuellen Dieselpreis aufzuerlegen. Auch die vom Auftragnehmer kalkulierten Gewinn- und Wagniszuschläge müssen bei der Prüfung, was dem Auftragnehmer zugemutet werden kann, berücksichtigt werden.
Vertragliche Risikoverteilung ausschlaggebend
Die weit überwiegende Anzahl der [GGSC] bisher vorgelegten Preisanapassungsbegehren halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Auftragnehmer versuchen regelmäßig, das komplette Kostensteigerungsrisiko dem Auftraggeber aufzubürden. Die wenigsten Verträge rechtfertigen aber ein solches Ansinnen, da der Auftragnehmer grundsätzlich das Beschaffungs- und Leistungsrisiko trägt. Es ist auch angezeigt
darauf hinzuweisen, dass uns keine Fälle bekannt sind, wo in der Vergangenheit Vertragspartner der öffentlichen Hand angeboten haben, Vertragspreise nach unten zu korrigieren, wenn wirtschaftliche oder gesundheitliche Krisen zu nachhaltigen Kostensenkungen geführt haben. Hier wurde regelmäßig die turnusgemäße Anpassung der Preise als ausreichend angesehen.
[GGSC] berät öffentliche Auftraggeber umfassend zum Vertragsvollzug.