Newsletter Abfall Mai 2022

OLG Köln zur Erstattung von PPK-Mitbenutzungsentgelten

Allzu bekannt ist der Streit zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (örE) und Systemen um die Beteiligung an den Erfassungskosten für PPK-Verkaufsverpackungen (PPK-Mitbenutzungsentgelte). Das Gesetz sieht eine Kostenregelung im Rahmen einer Abstimmungsvereinbarung vor. Was ist aber, wenn keine Abstimmungsvereinbarung existiert und der örE für die Systeme PPK-Verpackungen dennoch mitsammelt? Das OLG Köln stellte jüngst klar, dass der örE in dieser Konstellation einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber den Systemen hat (Urt. v. 10.03.2022, Az.: 15 U 83/21). Bei der konkreten Erstattungshöhe wird es jedoch kompliziert. Im konkreten Fall verneinte das OLG – anders als die Vorinstanz – die Abrechnung des örE nach dem sog. Volumenfaktor.

Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag

Die gute Nachricht aus Sicht des örE an der Entscheidung aus Köln ist, dass er nicht gänzlich auf seinen Kosten sitzen bleibt. Darauf dürften nämlich regelmäßig die Systeme spekulieren, wenn sie eine Kostenbeteiligung an der PPK-Miterfassung für ihren Verpackungsanteil verweigern. Denn die Frage, ob das Verpackungsgesetz dem örE einen direkten Anspruch gegenüber den Systemen auf eine anteilige Kostenbeteiligung vermittelt, wenn keine Abstimmungsvereinbarung vorhanden ist, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Das OLG Köln griff ausschließlich auf das allgemeine Zivilrecht zurück und bestätigte dem Grunde nach einen Anspruch des örE aus den Grundsätzen der sog. Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA). Das heißt vereinfacht formuliert: Jemand, der ein Geschäft für einen anderen führt (Geschäftsführer), ohne von diesem eigentlich Zuständigen für dieses Geschäft (Geschäftsherr) beauftragt worden zu sein, soll, wenn er im Interesse des Geschäftsherrn handelte, seine für diese Geschäftsführung getätigten Aufwendungen ersetzt bekommen. Der örE ist dem Fall der Geschäftsführer, der für die Systeme als Geschäftsherren, die PPK-Verpackungen mitentsorgt.

Höhe der Kostenerstattung

Das Zivilrecht sieht vor, dass der Geschäftsführer seine Aufwendungen soweit ersetzt bekommt, wie er sie für „erforderlich“ halten durfte. Diese Definition ist relativ unbestimmt und lässt daher Spielraum für viel Streit, auch wenn – wie zuvor gezeigt – der Anspruch an sich bereits bejaht wurde. In dem Fall aus Köln ging es im Wesentlichen um die Frage, ob der örE seine Kosten aufgrund des Volumen- oder Masseanteils gegenüber den Systemen abrechnen durfte. Das Landgericht hatte dies noch bestätigt. Zur Begründung verwies es u.a. auf eine Regelung im Verpackungsgesetz, nach der der örE im Rahmen der Abstimmungsvereinbarung vorgeben kann, ob nach Masse- oder Volumenfaktor bei der PPK-Miterfassung abgerechnet werden soll. Das ließ die Berufungsinstanz des OLG Köln nicht gelten. Unter anderem begründete das OLG seine Entscheidung damit, dass die Kostenerstattung nach den GoA-Grundsätzen nicht von den Regelungen des Verpackungsgesetzes vorbestimmt werden könne. Es gebe ja gerade keine Abstimmungsvereinbarung. Da den Gerichten oft ein Maßstab für die angemessene Aufwendungshöhe fehlt, ziehen sie vergleichbare Situationen heran oder blicken auf die Kostenverteilung zwischen den Streitparteien in der Vergangenheit. So war es auch hier: Da der örE und das von ihm auf Kostenerstattung in Anspruch genommene System zuvor (d.h. als noch eine Abstimmung bestand) nach Masse abrechneten, sei auch der Massefaktor der geeignetere Maßstab für die Erforderlichkeit der Aufwendungen.

Bedeutung für die Praxis

Aus Sicht der örE ist zu begrüßen, dass ein Obergericht einen Anspruch auf Kostenerstattung für die PPK-Miterfassung abermals anerkannt hat. Die Systeme sind nach dem Verpackungsgesetz zur Erfassung von PPK-Verpackungen an privaten Haushaltungen verpflichtet. Aus dieser (finanziellen) Verantwortung können sie sich nicht herausstehlen. Der vom OLG Köln angenommene Massefaktor dürfte allerdings nicht das letzte Wort sein. Auch in der zivilrechtlichen Auseinandersetzung um die Mitbenutzung kommunaler Erfassungsstrukturen steht noch eine höchstrichterliche Entscheidung aus, die auch die Gesetzesänderung durch das VerpackG zum 01.01.2019 würdigt.

[GGSC] berät bundesweit öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei Verhandlungen von Abstimmungsvereinbarungen sowie bei der Geltendmachung von ausstehenden PPK-Mitbenutzungsentgelten und Nebenentgelten gegenüber Systemen.

Weitere Artikel des Newsletters

Aktuell verhandeln wir Neuauflagen der Anlage 7 zur Mitbenutzung der kommunalen PPK-Sammelstrukturen. Das ist ein zähes Geschäft, denn die Systeme versuchen weiterhin sich den „Zugriff“ auf die hohen Papiererlöse zu erhalten, ohne auf der anderen Seite einen angemessenen Volumenfaktor akzeptieren zu...
weiter
Mittelbare Auswirkungen des Ukraine-Kriegs haben auch die Abfallwirtschaft in Deutschland erreicht. Insbesondere Transportunternehmen, aber auch Entsorger, Maschinenlieferanten oder Bauunternehmen müssen erhebliche Preissteigerungen etwa für Kraftstoffe, Baumaterialien und Energie hinnehmen.
weiter
Es ist allseits bekannt, dass die Bundesregierung bereits in ihrer 18. Legislaturperiode die Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung verabschiedete. Durch eine umfassende Neuregelung des Umganges mit Klärschlamm sollte den stetig steigenden Umweltbelastungen entgegengewirkt und eine Antw...
weiter
Die gesteigerten Anforderungen an die Klärschlammverwertung nach der AbfKlärV werfen nicht nur Fragen nach dem Stand der geeigneten Verfahrenstechnik auf. Sie regen auch Überlegungen zur Zusammenarbeit mehrerer Pflichtiger an. Mangelt es an Verwertungsangeboten Dritter, legt dies Planungen z.B. zur ...
weiter

Veranstaltungen

2024
05
Dez

In unserem Online-Seminar „Update Entsorgungsvergaben – von Fachanwält:innen für Praktiker:innen“ am Donnerstag, den 05.12.2024 haben Sie nicht nur die Möglichkeit, Ihre individuellen Fragen zur Diskussion zu stellen – Sie werden auch auf den aktuellsten, vergaberechtlichen Stand gebracht.

ORT: Online-Seminar
VERANSTALTER: [GGSC] Seminare
Zur Website der Veranstaltung