Selbstreinigung nach Kartellverstoß
Die Folgen des sog. LKW-Kartells sind weitreichend. Neben Milliarden-Bußen dauern die zivilrechtlichen Auseinandersetzungen zwischen LKW-Herstellern und Kunden fort. Eine aktuelle Entscheidung der VK Westfalen verdeutlicht mögliche Auswirkungen auch auf neue Fahrzeugausschreibungen, wie sie z. B. in der Entsorgungsbranche regelmäßig durchgeführt werden (Beschluss vom 25.04.2019 – VK 2-41/18).
Pflicht zur Offenlegung und Dokumentation von Selbstreinigungsanstrengungen
Die Entscheidung veranschaulicht, dass betroffene Unternehmen zur Selbstreinigung verpflichtet sind und entsprechende Anstrengungen dokumentieren und offenlegen müssen. Sie tragen insoweit die Darlegungs- und Beweislast für die das Vorliegen der Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 GWB.
Notwendigkeit der Vorlage des Bußgeldbescheids und von Daten zur Schadenshöhe?
Im konkreten Fall ging die Offenlegung nach Auffassung der Vergabekammer sogar so weit, dass der ungeschwärzte Bußgeldbescheid herauszugeben ist und darüber hinaus auch Angaben zur möglichen Schadenshöhe gemacht werden müssen. Mit Blick auf die noch laufenden zivilrechtlichen Streitigkeiten hat der Kartellamt dabei faktisch in Kauf zu nehmen, dass sein Gegner zusätzliche Belege für die Prozessführung zur Durchsetzung seiner geltend gemachten Schadensersatzansprüche erhält. Unter Verweis auf die Freiwilligkeit der Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren liegt aus Sicht der Vergabekammer also ein zulässiges Dilemma für den betroffenen LKW-Hersteller vor.
Umfassende Mitwirkungspflicht von Kartellanten bei Beteiligung an Vergabe
Will er seine Selbstreinigung nicht in der gebotenen Offenheit darlegen, muss er auf eine Teilnahme an der Ausschreibung faktisch verzichten. Dass ehem. Kartellanten umfassend zur Mitwirkung bei nachgehenden Ausschreibungsverfahren verpflichtet sind, hatte zuvor der EuGH bereits in seiner „Vossloh-Laeis“-Entscheidung aufgezeigt (Urteil vom 24.10.2018, Rs. C-124/17; s. a. -> Newsletter Vergabe vom Februar 2019).
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