Breitbandförderungen bleiben ausschreibungspflichtig!
Auch wenn das OLG Dresden im vergangenen Jahr entschieden hat, dass die Breitbandförderung nicht dem formalen Vergaberecht unterliegt, bleiben öffentliche Auftraggeber jedenfalls nach dem Fördermittel- und Beihilfenrecht sehr wohl ausschreibungspflichtig.
Die Entscheidung
Im August 2019 hatte das OLG Dresden (Beschluss vom 21.08.2019, Verg 5/19) im Zusammenhang mit der Breitbandförderung des Bundes entschieden, dass öffentliche Auftraggeber vom Vergaberecht befreit sind, wenn sie die Versorgung der Bevölkerung mit schnellen Breitbandanschlüssen auf einen Konzessionsnehmer übertragen. Das OLG bestätigte damit eine Entscheidung der Vergabekammer des Freistaates Sachsen, die zum einen entschied, dass der geförderte Breitbandausbau als Dienstleistungskonzession zu qualifizieren ist, zum anderen eine sog. „Bereichsausnahme“ nach § 149 Nr. 8 GWB annahm: Nach § 149 Nr. 8 GWB unterfallen Konzessionen, die hauptsächlich dazu dienen, der öffentlichen Hand die Bereitstellung oder den Betrieb öffentlicher Kommunikationsnetze zu ermöglichen, nicht dem formalen Vergaberecht.
Folgen für die Praxis
Dass es sich beim geförderten Breitbandausbau im sog. Wirtschaftlichkeitslückenmodell vergaberechtlich um Dienstleistungskonzessionen handelt, entspricht wohl überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung. Die öffentliche Hand kommt ihrer Daseinsvorsorge nach, die Versorgung der Bevölkerung mit Breitbandinternet zu ermöglichen. Die Ertüchtigung und den Betrieb übernimmt sie aber nicht selber, sondern überträgt Bau, Betrieb und Nutzung auf ein privates Telekommunikationsunternehmen. Die Förderung deckt nur die heute ermittelte Wirtschaftlichkeitslücke ab; es verbleiben erhebliche Restrisiken beim Telekommunikationsunternehmen, weil der Erfolg von der späteren, tatsächlichen Kundenakquise abhängt. Das ist typisch für eine Konzession.
Bereichsausnahme – ja oder nein?
Ob aber tatsächlich eine „Bereichsausnahme“ vorliegt, mögen andere Gerichte auch anders entscheiden. Selbst wenn dem Ansatz des OLG Dresden gefolgt werden sollte, gilt Folgendes zu berücksichtigen: Die Förderregularien, insbesondere die von der EU-Kommission beihilfenrechtlich genehmigte NGA-Rahmenregelung des Bundes, sehen für die Vergabe von Fördermitteln zum Breitbandausbau offene und transparente Ausschreibungsverfahren vor. Wer sich daran nicht hält, der wird im Ergebnis für sein Projekt keine Fördermittel erhalten. Die Ausschreibungsverfahren sind daher trotz der OLG-Entscheidung jedenfalls in Anlehnung an die Konzessionsvergabeverordnung unter Einhaltung sämtlicher Vergabegrundsätze und einer entsprechenden Bekanntmachung durchzuführen.
Rechtsschutzfragen
Es empfiehlt sich aber, unter Verweis auf die OLG-Entscheidung durchaus offenzulegen, dass sich die örtlich zuständige Vergabekammer im Falle einer Vergabenachprüfung ggfls. unter Hinweis auf eine Bereichsausnahme für inhaltlich unzuständig erklären könnte und in diesem Fall Rechtsschutz vor den Landgerichten im Wege einer einstweiligen Verfügung zu suchen ist. Bei konsequenter Anwendung der OLG-Dresden-Entscheidung wird der vergaberechtliche Primärrechtsschutz deutlich erschwert, weil die Alternative vor den Landgerichten deutlich aufwändiger ist und Landgerichte naturgemäß ihren inhaltlichen Tätigkeitsschwerpunkt auch nicht im Vergaberecht haben werden.